Die Raumluftmessung von Formaldehyd
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Formaldehyd übersteigt den Grenzwert
d) Der Sachverständige ist zusätzlich zum Prüfkammerverfahren und der schon erwähnten Raumluftmessung in Bezug auf die entnommenen Proben von Seitenwand, Einlegeboden, Rückwand und Tür jeweils den Perforatorwert nach DIN EN 120 und darüber hinaus den Gasanalysewert mit und ohne Schmalflächenabdichtung ermittelt. Wegen der Ergebnisse im einzelnen wird auf Seite 4 des 2. Ergänzungsgutachtens verwiesen. Die mit Hilfe dieser Prüfverfahren gewonnenen Werte sind nach den obigen Ausführungen zur Zulässigkeit des Prüfverfahrens nach § 9 Abs. 3S. 2, 3 GefStoffVO nicht mehr verbindlich. Ihnen kann allenfalls die Funktion einer Orientierungshilfe oder Kontrollprüfung zugesprochen werden.
Das gilt auch für die Raumluftmessung (vgl. LG Karlsruhe, VuR 1989, 283). Aus diesem Grunde kann den Ergebnissen der von den Parteien eingeholten Prüfberichten des Katalyse-Instituts für angewandte Umweltforschung in ….. vom 27.7.1987, des ….. vom 7.8.1987 und des ….. in ….. vom 28.10.1987 gleichfalls keine entscheidende Bedeutung beigemessen werden.
Wegen weiterer Kritik an der Art und Weise, wie die genannten Stellen die Werte ermittelt haben, wird auf die überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen in dessen Hauptgutachten (S. 6 ff.) Bezug genommen. Zu dem Prüfbericht vom 28.10.1987, der als einziger Werte aufweist, die den Grenzwert des § 9 Abs. GefStoffVO nicht überschreiten, kann deshalb die zwischen den Parteien umstrittene Frage offenbleiben, ob dem überhaupt (repräsentative) Proben aus den Schrankwänden des Klägers zur Begutachtung zur Verfügung gestellt wurden.
Im übrigen hat insbesondere die Kontrolluntersuchung des gerichtlichen Sachverständigen nach der Perforatormethode in der Tendenz die Ergebnisse des Prüfkammerverfahrens bestätigt, wonach Seitenwand und Einlegeboden jeweils überhöhte Werte aufweisen.
e) Der Mangel der beiden vom Beklagten hergestellten Schrankwände, der nach den vorstehenden Ausführungen vornehmlich in den überhöhten Emissionswerten der Seitenteile und der Einlegeböden zu sehen ist, hat die Unbrauchbarkeit der gesamten Werkleistung des Beklagten zur Folge. Der Kläger ist angesichts der den Grenzwert des § 9 Abs. 3 S. 1 GefStoffVO übersteigenden Ausgleichskonzentration des Formaldehyds ohne Gefährdung seiner eigenen Gesundheit außerstande, sein Schlafzimmer zu benutzen.
In der Vergangenheit hat der Kläger das Schlafzimmer bis auf einen Zeitraum von ca. vier Wochen im Juni/Juli 1987 auch tatsächlich nicht genutzt. Gemäß § 634 Abs. 4 BGB in Verbindung mit § 472 BGB ist wegen der gänzlichen Unbrauchbarkeit der Werkleistung die Werklohnforderung des Beklagten auf Null DM zu mindern (vgl. zur Minderung in diesen Fallen BGH, NOW 1965, 152). Der Kläger ist deshalb berechtigt, vom Beklagten die an diesen gezahlte Vergütung fir die Herstellung der beiden Schrankwände in Höhe von 11.977,98 DM zurückzuverlangen.
Dabei kann dahingestellt bleiben, ob dieser Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 Fall 1 BGB oder aus einem besonderen auf Zahlung gerichteten Minderungsanspruch herzuleiten ist. Fest steht jedenfalls, dass der Beklagte zur Rückzahlung verpflichtet ist, nachdem sich seine Werkleistung insgesamt als nicht brauchbar herausgestellt hat.
Greift die halbjährige oder die fünfjährige Verjährungsfrist?
f) Aufgrund der Hilfsaufrechnung des Beklagten ist die berechtigte Klageforderung über 11. 977,98 DM gemäß § 389 BGB um die Gegenforderung des Beklagten in Höhe von 4.483,60 DM auf die Urteilssumme von 7.494,38 DM zu kürzen. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass dem Beklagten aus §§ 631, 641 BGB aus der Ausführung anderer Schreinerarbeiten die Gegenforderung zusteht.
Der Wirksamkeit der Hilfsaufrechnung steht nicht entgegen, dass der Beklagte gegen den Beschluss des Landgerichts vom 9.9.1988 kein Rechtsmittel eingelegt hat. Das Landgericht hat durch diesen Beschluss - unter Verstoß gegen § 321 ZPO, dessen Verfahren das Landgericht hatte einhalten müssen - eine Entscheidung über die Hilfswiderklage des Beklagten abgelehnt, die die mit der Hilfsaufrechnung geltend gemachte Gegenforderung zum Gegenstand hat.
Der Beschluss des Landgerichts entfaltet mangels Entscheidung über die Widerklage in der Sache keine materielle Rechtskraft. Die Gegenforderung ist somit für eine Hilfsaufrechnung nicht verbraucht gewesen.
g) Die vom Beklagten und der Streithelferin erhobene Verjährungseinrede (§ 222 BGB) ist entgegen der Ansicht des Landgerichts unbegründet. In Bezug auf die Gewährleistungsansprüche hinsichtlich der bislang behandelten Schrankwände ist die Verjährungsfrist des § 638 Abs. 1 BGB durch die am 27.1.1988 eingereichte und am 8.2.1988 zugestellte Klage rechtzeitig gemäß §§ 209 Abs. i BGB, 270 Abs. 3 ZPO unterbrochen worden.
aa) Für die Gewährleistungsansprüche des Klägers (§§ 633 ff. BGB) gilt in Bezug auf die Herstellung der Schrankwände nicht eine halbjährige, sondern die fünfjährige Verjährungsfrist des § 638 Abs. 1 S. 1 Fall 3 BGB. (1) Der Senat vermag sich der Ansicht des Landgerichts nicht anzuschließen, das unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (DB 1971, 656; vgl. auch BFH, NJW 1977, 648) zur rechtlichen Einordnung von Einbauschränken die Voraussetzungen des § 94 Abs. 2 BGB verneint und mit dieser Begründung Arbeiten an einer beweglichen Sache und damit eine Verjährungsfrist von sechs Monaten im Sinne von § 638 Abs. 1S. 1 Fall 1 BGB angenommen hat:
(a) Es entspricht allgemeiner Meinung (v. Craushaar, Festschrift für Korbion, S. 27, 28 ff. m.w.N.), dass auf einen Vertrag, der die Herstellung, Lieferung und Montage einer Sache
zum Gegenstand hat, nach § 651 Abs. 2 BGB unmittelbar Werkvertragsrecht (sog. reiner Werkvertrag) anzuwenden ist. Das ist u.a. der Fall, wenn die Sache im Sinne von § 94 Abs. 2 BGB “eingefügt" worden ist. Letzteres ist in Bezug auf die beiden hier fraglichen Schrankwände geschehen.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (NJW-RR 1990, 586, 587 m.w.N.), dem der Senat folgt, sind Gegenstände, die lediglich der Ausstattung oder Einrichtung des Bauwerks dienen, im Sinne von § 94 Abs. 2 BGB "eingefügt", wenn nach der Verkehrsanschauung deren Einbringung dem Gebäude eine besondere Eigenart, ein bestimmtes Gepräge gibt oder wenn sie dem Baukörper besonders angepasst sind und deswegen mit ihm eine Einheit bilden. Ob die Verhältnisse so liegen, ist nach den Anschauungen des Verkehrs über Wesen, Zweck und Beschaffenheit des Gebäudes zu beurteilen.
Es kommt hierbei auf Art, Zweck und Zuschnitt des jeweiligen Gebäudes an. Es kann genügen, dass die eingefügten Sachen nur einem einzelnen Raum eine bestimmte Eigenart geben, wenn dadurch zugleich der Gesamtcharakter des Gebäudes mitbestimmt wird. Eine feste Verbindung setzt das Einfügen begrifflich nicht voraus. Es reicht vielmehr aus, dass zwischen der Sache und dem Gebäude ein räumlicher Zusammenhang hergestellt ist (BGH, a.a.O.).
Gibt es Besonderheiten bei den Schrankwänden zu beachten?
Nach diesen Grundsätzen erfüllen die vom Beklagten hergestellten beiden Schrankwände den Tatbestand des § 94 Abs. 2 BGB. Auf die in der Rechtsprechung (Nachweise im einzelnen bei BGH, BauR 1990, 241, 243 = NUW-RR 1990, 914; ferner BGH, NJW-RR 1990, 586; OLG Karlsruhe, NUW-RR 1988, 459; OLG Celle, NUJW-RR 1989, 913) umstrittene Einordnung von Einbaukühen als wesentlicher Bestandteil im Sinne von § 94 Abs. 2 BGB bzw. als Zubehör (§ 97 BGB) braucht nicht näher eingegangen zu werden.
Die vom Beklagten hergestellten Schrankwände weisen, wie noch auszuführen sein wird, Besonderheiten auf, die es erforderlich machen, die Schrankwände einer selbständigen Betrachtung zu unterziehen. Zunächst kommt es auf den Streit der Parteien, ob und bejahendenfalls in welchen Umfange jeweils eine Schrankwand mit der rechten, das Schlafzimmer vom Badezimmer trennenden Seitenwand bzw. mit der - teils heruntergezogenen - Decke so fest verbunden ist, dass bei einem Abbruch der Schrankwände diese oder die Decke und/oder die Seitenwand ganz oder teilweise beschädigt würden, nicht an.
Denn im Gegensatz zu den §§ 93, 94 Abs. 1.BGB verlangt der Tatbestand des § 94 Abs. 2 BGB gerade, wie oben ausgeführt, keine solche feste Verbindung. Die beiden Schrankwände sind dem Baukörper, d.h. den baulichen Gegebenheiten des Schlafzimmers des Klägers, besonders angepasst worden. Das belegen sehr anschaulich die Grundrisszeichnung des Architekten, nach der der Beklagte in Verbindung mit weiteren Detailzeichnungen und den Maßeinheiten im Leistungsverzeichnis die Schrankwände hergestellt hat, und die zu den Akten gereichten diversen Fotos.
Die - nach dem Betreten des Schlafzimmers rechts zum Badezimmer hin befindliche - Schrankwand reicht von einem in den Raum ragenden Mauervorsprung bis zur Wand, in der sich die Eingangstür befindet. In diese rechte Schrankwand ist eine Tür zum Badezimmer integriert worden, dessen ursprüngliche Eingangstür beseitigt und durch die Schrankwand mit der darin befindlichen Tür sozusagen vorgezogen worden ist. Schon daran erkennt man, dass durch die Einbeziehung des - ansonsten störenden Mauervorsprungs und durch die Vorverlegung der Badezimmertür die rechte Schrankwand den Besonderheiten des Raumes angepasst wurde.
Von einer bloßen geschickten Möblierung, wie es das Landgericht unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesfinanzhofs in DB 1971, 656, 657 (nicht s. 651) meint, kann unter diesen Umständen keine Rede sein. Die Integration einer besonderen, zum Badezimmer führenden Eingangstür in eine Schrankwand hat nichts mehr mit einer geschickten Möblierung zu tun.
Die besondere Anpassung der Schrankwand an den vorgegebenen Baukörper kommt auch bei der gegenüberliegenden linken Schrankwand zum Ausdruck. Ein erheblich in den Raum ragender Mauervorsprung ist durch die Einbeziehung der Schrankwand, die - im Gegensatz zur rechten Schrankwand - auf der Rückseite gleichfalls Türen mit Schrankfächern aufweist, also eine doppelseitige Schrankwand ist, dazu benutzt worden, einen weiteren, vom Schlafzimmer aus hinter der Schrankwand befindlichen Raum zu schaffen, den der Kläger als Ankleidezimmer benutzen will.
Zu diesem sog. Ankleideraum führt eine besonders in die Schrankwand integrierte, diesmal auf der linken Seite angebrachte Tür. Die Decke des recht schmalen Ankleideraumes ist zusätzlich heruntergezogen worden, um diesen Raum optisch ansehnlicher zu gestalten.
Der Senat hat keine Zweifel, dass mit dieser architektonisch als gelungen erscheinenden Anordnung der Schrankwand der vorgegebene Raum nicht nur, wie das Landgericht meint, durch eine geschickte “Möblierung" optimal ausgenutzt wurde, vielmehr sind durch den zusätzlichen Einbau einer Tür in die Schrankwand besondere bauliche Maßnahmen getroffen worden, die das ansonsten erforderlich gewesene Setzen einer besonderen Zwischenwand mit einer Eingangstür zum sog. Ankleidezimmer entbehrlich gemacht haben.
Durch diese baulichen Maßnahmen, insbesondere durch die Gewinnung eines zweiten Raumes (Ankleidezimmers) und die Integration zweier Zimmertüren in die beiden Schrankwänden bilden die vom Beklagten geschaffenen Schrankwände, die sämtlich vom Fußboden bis zur Decke reichen, als Einrichtungsgegenstände eine Einheit mit dem Baukörper. Sie geben dem so ausgestatteten Raum eine bestimmte Eigenart, durch die der Gesamtcharakter des Wohnhauses des Klägers mitbestimmt wird.
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