Abzug einer Nutzungsentschädigung
Aktenzeichen 4 C 645/01 Amtsgericht Tiergarten vom 22. Mai 2002
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% der vollstreckbaren Kosten abzuwenden, wenn nicht die Beklagte von der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages leistet.
Tatbestand:
Mit Kaufvertrag vom Oktober 1992 kaufte die Klägerin bei der Beklagten unter anderem einen Couchtisch „Twin“ mit zwei Unterstelltischen mit der Artikelbeschreibung Messing geb./Messing zu einem Kaufpreis von 3.630,00 DM netto zuzüglich 14% Mehrwertsteuer, mithin 4.138,20 DM. Direkt am Tisch befand sich auf der Auspreisung der Nachweis dafür, dass es sich bei den genannten Tischen um solche aus Messing „gebürstet“ handele.
Die Couchtische wurden der Beklagten im Dezember 1992 geliefert und bezahlt. Bei den Tischen handelt es sich um solche zusammengesetzt aus Stahlröhren, die mit einer galvanischen Schicht versehen und dann mit einem Schutzlack überzogen werden. Die Schutzauflage ist dabei um Messing. Die Rohre sind jedoch nicht aus reinem Messing.
Mit Schreiben von November 2001 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass sie bei routinemäßig durchzuführenden Reinigungsarbeiten festgestellt habe, dass die Couchtische offensichtlich nicht aus reinem Messing gefertigt seien, weil ein sogenannter Magnettest negativ ausgefallen sei. Die Klägerin erklärte aus diesem Grunde die Anfechtung des Kaufvertrages wegen arglistiger Täuschung und aus allen in Betracht kommenden Gründen. Sie forderte die Beklagte auf, den Kaufpreis in Höhe von 3.630,00 DM Zug um Zug gegen Rückgabe des Couchtisches zu zahlen.
Handelt es sich um einen Messing Tisch?
Mit der vorliegenden Klage macht die Klägerin diesen Anspruch weiter geltend. Sie behauptet, beim damaligen Verkaufsgespräch im Oktober 1992 hätten die Verkäufer der Beklagten erklärt, dass es sich bei dem Material der streitgegenständlichen Tische um Messing handele. Erläutert wurde lediglich die Materialoberflächenbeschaffenheit als gebürstet. Sie, die Klägerin, habe allein den Eindruck gewinnen können, dass es sich bei dem Material der streitgegenständlichen Tische um solche in massiver Ausführung handele. Die Klägerin ist darüber hinaus der Auffassung, der Vertrag sei auch sittenwidrig, da eine krasse und erhebliche Überbezahlung des tatsächlich vorliegenden geringwertigen, aufpolierten Stahltisches im Verhältnis zu einem hundertprozentigen Messingtisch vorliegt.
Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 4.138,20 DM nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit November 2001 zuzahlen, Zug um Zug gegen Rückgabe der Couchtische „Twin“.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, die Klägerin habe unschwer erkennen können, dass es sich bei den bestellten Couchtischen um solche in massiver Ausführung handele. Insoweit läge nämlich ein erheblicher Preisunterschied vor. Auch gäbe es in diesem Bereich allenfalls kleinere und kleinste Gegenstände aus massiven Messing.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91 Abs. 1, 708 Ziffer11, 711 ZPO.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist unbegründet.
Der Klägerin steht gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB der geltend gemachte Bereicherungsanspruch nach erfolgter Anfechtung nicht zu. Dabei kann dahinstehen, inwieweit die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung begründet ist, denn auch bei erfolgter Anfechtung steht der Klägerin gemäß § 818 Abs. 3 BGB unter Anwendung der Saldierung eine Herausgabe einer etwaigen Bereicherung der Beklagten nicht weiter zu. Insoweit muss sich die Klägerin nämlich das anrechnen lassen, was sie durch den Gebrauch der ihr gelieferten Couchtische an Vorteilen erlangt hat. Dies ist die Gebrauchsmöglichkeit und Einrichtungsmöglichkeit hinsichtlich der Couchtische für den Zeitraum von 9 Jahren. Insoweit war der Gebrauchsvorteil aber derart zu berechnen, dass eine jährliche Abschreibung von Gegenständen wie Möbeln zu machen ist; je nach Zustand und Nutzung im ersten Jahr von 20% und allen weiteren Jahren von 10%.
Gebrauchsvorteil / Gebrauchsverlust
Dies ergibt bei 9 Jahren einen Gebrauchsvorteil von 100 %, so dass hinsichtlich des zu erstattenden Betrages gemäß § 818 Abs. 3 BGB unter Anwendung der Saldotheorie ein Bereicherungsgegenstand nicht mehr vorhanden ist. Eine derartige Werteermittlung ist auch nicht zu beanstanden, sie entspricht nämlich der Wertermittlung für beweglichen Hausrat des Bundesverbandes des deutschen Möbelhandels in Köln.
Darüber hinaus kann sich die Klägerin auch nicht darauf berufen, dass sie diese Gebrauchsvorteile nicht gezogen hat, denn ausweislich ihres Vortrages hat sie nämlich bis November 2001 die Couchtische wie nach dem vertragsgemäßen Gebrauch genutzt. Insbesondere hat sie wegen des von ihr beanstandeten mangelhaften Zustandes der Tische keine Gebrauchsverluste erlitten, denn die Klägerin hat die Tische, so wie sie ihr zur Benutzung vorgesehen waren, gebraucht.
Der von der Klägerin mit der Beklagten geschlossene Vertrag ist auch nicht gemäß § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig. Die Klägerin hat insoweit nicht dargetan, dass bei dem von ihr mit der beklagten
geschlossenen Kaufvertrag ein besonders grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung bestanden hätte. Ei derart
auffälliges Missverhältnis setzt voraus, dass der Wert der Leistung dem der Gegenleistung um ca. 100% übersteigt. Hierzu aber hat die Klägerin einen detaillierten Vortrag mit Wertangaben zu
Vergleichsobjekten nicht erbracht.
Wenn Ihnen dieser Artikel gefallen hat, würden wir uns über einen kleinen Beitrag für unser zur Verfügung gestelltes Fachwissen sehr freuen!
Spenden Sie jetzt mit Paypal
“Empfehlen Sie uns weiter!”