Ein altes Eckventil und die Montage der Waschmaschine !
Hat das Amtsgericht Unna auf die mündliche Verhandlung vom 16.12.2021 für Recht erkannt:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 900,00 € zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.10.2019 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 124,00 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.12.2019 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen zu 50 % die Klägerin und zu 50 % der Beklagte.
Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten trägt dieser selbst.
Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten trägt die Klägerin.
Die Kosten der Beweisaufnahme trägt der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der jeweilige Schuldner der Vollstreckung kann diese durch Sicherheitsleistung i.H,v. 120 % des aufgrund des Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht zuvor der jeweilige Gläubiger der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um restliche Kaufpreiszahlung. Der Beklagte erwarb bei der Klägerin mit Kaufvertrag vom 13.10.2018 eine Standard-Einbauküche. Wegen des konkreten Lieferumfanges und Inhaltes des Vertrages wird auf den Lieferschein und die Rechnung vom 08.04.2019 (Bl. 19 ff. der Akten) Bezug genommen. Die Klägerin schuldete vertragsgemäß auch die Montage der Küche. Zur Vorbereitung erschien am 16.11.2018 der Mitarbeiter der Klägerin, bei dem Beklagten und nahm das Aufmaß. Hierüber fertigte er das Aufmaßprotokoll wie Anl. B7 (Bl. 97 der Akten).
Das zu lange Eckventil
Der Zeuge vermerkte, dass die Eckventile überprüft und gegebenenfalls erneuert werden müssten.
Der Beklagte ließ die Eckventile austauschen. Die Maße waren gleichbleibend. Am 09.04.2019 lieferte die Klägerin die Küche und ließ sie montieren. Der Beklagte zu rügte gegenüber der Klägerin verschiedene Mängel. Es fanden am 10.05.2019 und 27.07.2019 Servicetermine statt. Es folgten noch zwei weitere Termine am 26.08.2019 und 25.09.2019.
Die Klägerin behauptet, dass nach Durchführung der Arbeiten in diesen Terminen die Küche mangelfrei geliefert und montiert gewesen sei. Insbesondere sei der Umstand, dass bei gefülltem Unterschrank aufgrund eines zu langen Eckventils das Schließen der mit dem Müllsystem versehenen Schublade nicht möglich sei, nicht durch die Klägerin zu verantworten. Es liege keine Fehlplanung vor.
Die Problematik der Eckventile sei beim Aufmaßtermin besprochen worden. Auch betreffend die Geräuschentwicklung beim Betrieb der in der Küche integrierten Waschmaschine sei die Klägerin nicht verantwortlich. Der Einbau sei fachgerecht erfolgt. Zulässige Toleranzen seien nicht überschritten. Andere zu einer Minderung berechtigende erhebliche Mängel lägen nicht vor.
Der Beklagte sei daher verpflichtet gewesen der Zahlungsaufforderung vom 20.10.2019 mit Zahlungsfrist zum 30.10.2019 nachzukommen. Aufgrund des danach bestehenden Verzuges sei der Beklagte auch verpflichtet die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu tragen.
Nachdem die Klägerin die Klage gegen die Beklagte im Rahmen der ersten mündlichen Verhandlung vom 25.06.2020 zurückgenommen hat, beantragt sie nunmehr, den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 900 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 29.10.2019 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 124 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 06.12.2019 zu zahlen.
Die vorhandene Waschmaschine
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte zu beantragt, die Kosten, die aufgrund der Klagerücknahme entstanden sind der Klägerin aufzuerlegen.
Der Beklagte behauptet, dass die Klägerin fehlerhaft geplant habe. Die verwendete Schubladenkonstruktion hätte aufgrund der bekannten Anschlusssituation nicht eingebaut werden dürfen. Die Schublade fahre die vorhandene Schlauchverbindung an. Wegen der von Seiten der Klägerin vorgenommenen Anschlussinstallation sei zudem das Eckventil wie auf Anl. B9 mit dem Buchstaben D gekennzeichnet (Bl. 126 der Akten) nicht mehr erreichbar. Darüber hinaus behauptet der Beklagte, dass die Klägerin die vorhandene Waschmaschine des Beklagten nicht sach- und fachgerecht eingebaut habe.
Es komme zu Schlag- und Klappergeräuschen. Von der Behauptung an dem Hochschrank sei ein Türscharnier nicht funktionstüchtig und der Korpus sei tonnenförmig verformt sowie die Türfront des Kühlschrankes verbogen, hat der Beklagte im Rahmen des Ortstermins mit dem Sachverständigen Abstand genommen.
Der Beklagte ist der Ansicht, dass aufgrund der vorliegenden Mängel eine Minderung i.H.v. 900 € berechtigt sei und kein weiterer Zahlungsanspruch der Klägerin bestehe. Das Gericht hat Beweis erhoben durch die Vernehmung der Zeugen sowie durch Einholung zweier Sachverständigengutachten und eines Ergänzungsgutachtens. Wegen der Einzelheiten der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll sowie die vorliegenden Gutachten und die ergänzende Stellungnahme Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und deren Anlagen sowie die Sitzungsprotokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten Anspruch auf restliche Kaufpreiszahlung i.H.v. 900,00 € gemäß 8 433 Abs. 2 BGB.
Die gelieferte und montierte Küche
Unstreitig ist, dass der Beklagte den vorgenannten Betrag einbehalten hat und der Kaufpreis in dieser Höhe nicht vollständig beglichen ist. Entgegen den Darlegungen des Beklagten ist nicht von erheblichen Mängeln im Sinn von § 434 Abs. 1, 2 BGB auszugehen, die eine Minderung im Sinn von § 437 Nr. 2 BGB rechtfertigen. Die von Seiten der Klägerin gelieferte und montierte Küche ist für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung vollumfänglich geeignet. Was die gewöhnliche Verwendung ist, entscheidet die Verkehrsanschauung (RGZ 70, 82 (85 f.); instruktiv Heiderhoff DB 2005, 2533 f.).
Maßgeblich ist der Erwartungshorizont eines vernünftigen Durchschnittskäufers. Die Verbrauchsgüterkauf-RL bringt dies, bezogen auf die Beschaffenheit, mit dem Wort „vernünftigerweise“ zum Ausdruck, das der Gesetzgeber zwar nicht in das BGB wörtlich übernommen hat (FraktionsE, BT-Drs. 14/6040, 214 in Bezug auf die Beschaffenheit), jedoch als Maßstab der Verkehrsanschauung nach allgemein herrschender Rechtsansicht heranzuziehen ist. (BeckOK BGB/Faust, 60. Ed. 1.11.2021, BGB § 434 Rn. 59).
Maßgeblich ist somit nicht, welche Erwartungen der Käufer tatsächlich hat, sondern welche er haben muss („erwarten kann“). Es kommt darauf an, welche Erwartungen der konkrete Käufer bei Anwendung verkehrserforderlicher Sorgfalt hätte (BeckOK BGB/Faust, 60. Ed. 1.11.2021, BGB § 434 Rn. 76).
Das Müll-Trennsystem
Unter diesem Gesichtspunkt ist der Umstand, dass Gegenstände, die über den Schubladenrand hinausragen, gegen den von Seiten des Beklagten installierten Wasserhahn stoßen, kein Mangel der von Seiten der Klägerin gelieferten Küche. Bereits bei dem Aufmaßtermin hatte der Zeuge aufgrund der vorgefundenen Situation den Beklagten darauf hingewiesen, dass die weit vorstehenden Wasserhähne bzw. Installationsanschlüsse generell zu Problemen im Unterschrankbereich führen können.
Zudem sei der Hinweis erfolgt, dass die ‚Anschlüsse insgesamt zu überprüfen sind aufgrund ihres Alters. Die Aussage des Zeugen ist insgesamt glaubhaft und glaubwürdig, da dieser unumwunden einräumte, dass über das Müll-Trennsystem nicht gesondert gesprochen worden sei. Hierin zeigt sich, dass der Zeuge keinerlei Aussagetendenz zugunsten der Klägerin hatte. Vielmehr stellte er das Geschehen im Rahmen des Aufmaßtermins aus seiner Sicht unbefangen und wertungsfrei dar.
Er hatte auch konkrete Erinnerungen an die vorgefundene Installationsituation. Er schilderte den Lebenssachverhalt nachvollziehbar und überzeugend für das Gericht. Somit ist davon auszugehen, dass der Beklagte vor der Lieferung der Küche auf die Problematik des überdurchschnittlich weit in den Raum hineinragenden Wasserhahn hingewiesen wurde. Ein Fehler im Rahmen des Aufmaßes ist somit nicht feststellbar. Der von Seiten des Beklagten nunmehr geforderte Hinweis ist seitens des Mitarbeiters der Klägerin erfolgt.
Dabei ist nicht erheblich, dass der Zeuge nicht direkt auf eine Problematik mit dem Müll-Trennsystem hingewiesen hat. Bereits der Hinweis, dass aufgrund des weiten Hineinragens des Wasserhahn im Unterschrankbereich eine Einschränkung des Bewegungsraums möglich ist und zu Problemen führen kann, war hinreichend. Weiter ist zu berücksichtigen, dass vorliegend durch den Sachverständigen nicht festgestellt wurde, dass die Schublade, welche von Seiten der Klägerin geplant und montiert wurde, gegen den herausragenden Wasserhahn stößt.
Die Planung des Einbau der Schublade selbst in diesem Bereich ist somit nicht fehlerhaft. Die Schublade lässt sich mit dem vorhandenen Müll-Trennsystem ohne weitere Zuladung im dahinterliegenden Bereich problemlos schließen. Die Schubladenwand stößt im hinteren Bereich nicht gegen den Wasserhahn. Auch hat der Sachverständige nicht festgestellt, dass die Schublade selbst gegen den an dem Wasserhahn angebrachten Schlauch anstößt. Auch hier ergab sich, dass die von Seiten des Beklagten im hinteren Bereich der Schublade eingelagerten höheren Gegenstände gegen den Schlauch stießen.
Die Küche weder fehlerhaft geplant noch fehlerhaft eingebaut
Entgegen den Ausführungen des Sachverständigen schuldet die Klägerin nach gerichtlicher Ansicht nur das ordnungsgemäße Funktionieren der standardmäßig eingebauten Schubladenmüllkonstruktion. Diese stößt nicht an das Abwassersystem an. Sie ist somit weder fehlerhaft geplant noch fehlerhaft eingebaut. Der Umstand, dass bei zusätzlich eingestellten hohen Gegenständen ein Anstoßen an den Zapfhahn bzw. den Schlauch erfolgt, ist nicht im Rahmen der nach dem Vertrag vorausgesetzten Verwendung geschuldet.
Das vorhandene Müllsystem in der montierten Schublade kann seitens des Beklagten ohne Einschränkungen genutzt werden. Ein zusätzlicher erhöhter Stauraum für anderen Gegenständen hinter dem Müllsystem ist nicht geschuldet. Dies insbesondere auch deshalb, weil für den Beklagten als Nutzer ohne weiteres erkennbar ist, dass allein bei Einstellen über den Schubladenrand hinausragender Gegenstände hinter dem Müllsystem es zu einer Einschränkung aufgrund des Anstoßes an den Wasserhahn und den dort montierten Wasserschlauch kommt.
Bis zur Höhe der vorhandenen Schubladenwand kann diese ohne weiteres genutzt werden. Selbst wenn man davon ausginge, dass die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung in diesem Bereich eingeschränkt sei, so ist zu beachten, dass im Rahmen der Minderung gemäß § 437 Nr. 2, 441 BGB nur erhebliche Mängel zu einer Minderung führen. Die Klägerin hat die Nachbesserung durch Ersatz des Wasserhahn angeboten. Die Nachbesserungskosten belaufen sich dabei auf einen geringfügigen Betrag in Höhe von unter zehn Euro.
Die Nachbesserung ist seitens des Beklagten wiederholt abgelehnt worden. Dies erfolgte nicht berechtigterweise. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Beklagte zwar angibt, den hinter dem Wasserhahn befindlichen Anschluss für eine Kaffeemaschine nutzen zu wollen, dies ist jedoch über die Dauer des Verfahrens nicht erfolgt. Es ist mithin nicht glaubhaft, dass ein solcher Anschluss tatsächlich geplant ist. Zudem trägt der Beklagte auch nicht vor, weshalb für den Anschluss das hinter dem Wasserhahn befindliche T-Stück erforderlich ist.
Dies ist nicht nachvollziehbar. Der Einwand ist jedenfalls unerheblich. Durch die Zurückweisung der Nachbesserung, die ohne großen Aufwand und mit sehr geringen Kosten möglich gewesen wäre, bestehen auf Seiten des Beklagten diesbezüglich keine Minderungsrechte.
Das Eckventil bzw. Absperrventil
Auch der Einwand des Beklagten, dass ein Absperrventil aufgrund der Verlegung der Installation seitens der Klägerin nicht mehr erreichbar sei, ist nicht feststellbar.
Hierzu führt der Sachverständige aus, dass sämtliche Ventile unterhalb der Spüle nach Entnahme der Küchenschublade zugänglich sind und betätigt werden können. Diese Zugänglichkeit und Bedienbarkeit entspricht den üblichen technischen Anforderungen. Letztlich konnte auch nicht festgestellt werden, dass der von Seiten der Klägerin geplante Einschub für die Waschmaschine fehlerhaft ist. Hierzu führt der Sachverständige aus, dass die Herstellervorgaben für den Einbau der Waschmaschine in die vorhandene Standardküche eingehalten sind.
Die Herstellervorgaben sind vollumfänglich berücksichtigt. Der Sachverständige hatte zur Beurteilung die Montageanleitung für den Einbau vorliegen. Anhand dessen ergab sich, dass die Vorgaben des Herstellers eingehalten waren. Selbst bei Zugrundelegung der nachträglich eingereichten Montageanleitung des Beklagten ergab sich keine andere Beurteilung, da auch da die Abmessungen für den Einbau gleichermaßen angegeben waren.
Zudem führte der Sachverständige aus, dass die zum Zwecke weniger stark ausgedrehter Gerätefüße untergelegte Sockelplatte einschließlich der Anti- Vibrationsmatte keinen erkennbaren negativen Einfluss auf die Montagesituation hatte.
Nach den Feststellungen des Sachverständigen waren die Geräuschentwicklungen durch schwingungs-/vibrationsbedingtes Anschlagen des Maschinengehäuses an die angrenzenden Korpuselemente verursacht. Da die Klägerin jedoch die Einbaumaße eingehalten hat, ist dieses Anschlagen jedenfalls nicht durch Arbeiten der Klägerin verursacht.
Da der Beklagte keine weiteren Mängel vortrug, war mangels Feststellung erheblicher Mängel eine Minderung nicht begründet und der Beklagte zur Zahlung ‚des restlichen Kaufpreises verpflichtet. Der Zinsanspruch der Klägerin ergibt sich aus den §§ 280 Abs. 2, 286, 288 BGB ab dem 31.10.2019, da die Klägerin mit Schreiben vom 21.10.2019 eine abschließende Zahlungsfrist bis zum 30.10.2019 gesetzt. Ein darüber hinausgehender Zinsanspruch ab dem 29.10.2019 war nicht schlüssig vorgetragen.
Insoweit war die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist gemäß §§ 280 Abs. 2, 286 BGB aufgrund des bestehenden Verzuges auch zur Zahlung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten wie ausgeurteilt verpflichtet. Die Kostenentscheidung basiert auf den §§ 91, 96, 100, 269 ZPO. Aufgrund der gegenüber der Beklagten zu erklärten Klagerücknahme war die Klägerin zur Übernahme der außergerichtlichen Kosten der Beklagten verpflichtet. Die Kosten der Beweisaufnahme waren gesondert dem Beklagten aufzuerlegen, da er mit seinem Vortrag bezüglich des Vorliegens von Minderung erheblichen Mängeln vollständig unterlegen ist. Die Entscheidung bezüglich der vorläufigen Vollstreckbarkeit basiert auf den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.