2 oder 5 jährige Gewährleistung ?
Aktenzeichen 3 C 2487/05 Amtsgericht Böblingen vom 16.02.2008
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Streitwert: 4.070 Euro
Der Kläger verlangt Rückabwicklung eines Kaufvertrages über eine Einbauküche.
War die Küche von Anfang an mangelhaft?
Durch schriftlichen Vertrag vom 26.03.2006 kaufte der Kläger im Möbelhaus der Beklagten eine Einbauküche aus Systembauteilen. Beim Montagetermin am 22.05.2003 kam es vor Ort zu einer mehrstündigen Diskussion über die Vertragsgemäßheit der gelieferten Küche. Der Disput endete mit der handschriftlichen Vereinbarung, dass die Küche so eingebaut wird wie angeliefert. Die Beklagte baute die Küche am selben und darauffolgenden Tag ein und lieferte einzelne Teile im August 2003 nach. Weitere Ausführungsdetails vereinbarten die Parteien schriftlich am 10.06.2003. Durch Schreiben vom 22.08.2003 und vom 31.10.2003 monierte der Kläger diverse Mängel. Am 16.12.2004 forderte der Kläger zur Rückzahlung von 4.070 Euro auf und erklärte, erstelle die Küche zur Verfügung. Diese Aufforderung wiederholte er im Schreiben vom 20.12.2004 und zählte weitere Mängel auf. Die Beklagte führte im Januar 2005 Nachbesserungen durch. Den von der Beklagten bestellten Spülmaschinen – Kundendienst ließ der Kläger nicht ins Haus. Mit weiteren Schreiben vom 16.09.2005 und danach rügte der Kläger teilweise dieselben, teilweise weitere Mängel.
Der Kläger behauptetet, die Küche sei von Anfang an mangelhaft gewesen, denn Regalmaße stimmten nicht, das Lüftungsgitter am Kühlschrank seien aus Plastik statt Alu, die eingebaute Spüle weiche von der bestellten ab, dass Eisfach des Kühlschranks habe nicht das richtige Maß, An- und Ausschalter und Gläserhalterung der Spülmaschine sei defekt und der Ablauf des kleinen Spülbeckens sei falsch montiert. Alle Nachbesserungsversuche der Klägerin seien erfolglos geblieben. Er meint, die Gewährleistungsfrist für die Küche betrage fünf Jahre. Aus diesen Gründen sieht er sich zum Rücktritt vom Vertrag berechtigt.
Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 4.070 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.12.2004, Zug um Zug gegen Herausgabe der von dem Kläger mit Vertrag vom 26.02.2003 bestellten Küche, zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie behauptet, die Küche sei so geliefert worden wie bestellt. Über gewisse Abweichungen habe man sich bei der Anlieferung nach längerer Diskussion geeinigt und aus diesem Grund vom Kläger auch nie den vollen Vertragspreis verlangt. Für die im Herbst 2005 gemeldeten Mängel brauche sie nicht einzustehen, weil die zweijährige Verjährungsfrist abgelaufen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Parteien und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 10.01.2006 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises, weil der Vertrag Bestand hat. Soweit die noch nicht verjährten Mängelrügen möglicherweise berechtigt sind, begründen sie kein Rücktrittsrecht.
Sind die Beanstandungen so groß, dass sie einen Rücktritt rechtfertigen?
Ob die Toleranz der Blenden der Auszüge an der Fensterseite bzw. des Regals an der Wandseite von 3 und 6 mm überhaupt so auffällt, dass sie als optischer Mangel angesehen werden kann, brauch nicht erklärt werden. Ebenso kann offen bleiben, ob der Kläger einen Anspruch darauf hat, dass das Lüftungsgitter am Kühlschrank in Alu- satt Plastikausführung geliefert wird, was angesichts der Formulierung in Ziff. 1 Abs. 2 der Vereinbarung vom 10.06.2003 („...Lüftungsgitter in Aluminium, wenn möglich, dann in beige.“) zweifelshaft ist. Denn diese Beanstandungen zusammengenommen sind im Verhältnis zum Gesamtwert der Küche so minimal, dass sie einen Rücktritt nicht rechtfertigen. Nach § 323 Abs. 5 S. 2 BGB kann der Gläubiger (hier der Kläger) vom Vertrag nicht zurücktreten, wenn die Pflichtverletzung des Schuldners (hier der Beklagten) unerheblich ist.
Die Frage der Erheblichkeit beurteilt sich auf Grund einer Gesamtabwägung insbesondere nach dem Verhältnis von Mangelbeseitigungsaufwand und Gesamtwert der Leistung und nach der Gesamtauswirkung der Mängel (vgl. Palandt/Grüneberg, GBG, 65. Aufl., § 323 Rn. 32 m.w.N.). In der Regel ist die Erheblichkeit zu verneinen, wenn der Beseitigungsaufwand weniger als 10% des Vertragspreises ausmacht. So liegt die Sache hier. Bei einem Kaufpreis der Küche von über 5.000 Euro reichen Luftspalte von einigen Millimetern und abweichendes Material eines Lüftungsgitters für einen Vertragsrücktritt keinesfalls aus. Denn das Rücktrittsrecht dient nicht dazu, dem in Wirklichkeit vertragsreuigen oder sonst verärgerten Käufer wegen einiger Bagatellen aus dem Vertrag zu helfen.
Ob die gelieferte Spüle der bestellten entspricht ist streitig. Ein Fehler im Sinn einer Abweichung von der vereinbarten Beschaffenheit würde darin aber selbst dann, wenn der Kläger ursprünglich eine Spüle ohne Restebecken bestellt hätte, nicht liegen, weil der Beklagte dieser Vertragsänderung am Einbautermin schriftlich zugestimmt hat. Ausweislich der Skizze, die sich als Anlage zum Verhandlungsprotokoll bei den Akten befindet war die Beklagte davon ausgegangen, eine Spüle mit Restebecken liefern zu sollen, wofür es nach den Angaben der Beklagte auch technische Gründe gab. Der Kläger kann sich im Nachhinein nicht darauf berufen, er habe dem Einbau „laut Skizze“ zwar zugestimmt, aber dabei seine eigene Skizze gemeint. Denn seine Unterschrift vom 22.05.2003 auf der Skizze beweist, dass es an diesem Tag um diese Skizze und nicht um irgendeine Skizze ging. Auf dieser Skizze ist das Restebecken eingezeichnet.
Wenn der Kläger in Kenntnis der Abweichung schließlich dem Einbau zugestimmt hat, konnte diese Erklärung von der Beklagten nicht anders als eine Vertragsänderung verstanden werden. Abgesehen davon könnte sich der Kläger auch wegen § 442 Abs. 1 BGB nicht auf die Mangelhaftigkeit der Spüle berufen, weil er im Zeitpunkt der entsprechenden Vereinbarung am 22.05.2003 die Abweichung kannte.
Dasselbe gilt für das angeblich nicht vertragsgerechte Maß des Kühlschrankes bzw. des Kühlschrank – Eisfachs, wobei insoweit schon zweifelhaft und von Klägerseite nicht hinreichend deutlich gemacht ist, inwiefern eine Abweichung von dem bestellten Typ“KGI 2900“ vorliegen soll. Jedenfalls ist spätestens die Zustimmung des Klägers zur Aufstellung dieses Kühlschrankes am 22.05.2003 als vertragliche Einigung auf dieses Modell anzusehen.
Die weiteren handschriftlichen am 21.10.2003 monierten Punkte hat die Beklagte offenbar in der Zwischenzeit behoben, was auch aus dem Kundendienst – Bericht vom 18.01.2005 hervorgeht. Es ist auch nicht vorgetragen, dass insoweit noch Nachbesserungen offen stünden.
Die am 20.12.2004 beanstandeten Mängel an der Spülmaschine sind für die Frage des Rücktrittsrechts unerheblich, denn der Rücktritt war bereits am 16.12.2004 durch das Rückzahlungsverlangen konkludent erklärt worden. Abgesehen davon hat der Kläger die Nachbesserung vereitelt, indem er den von der Beklagten bestellten Kundendienst nicht ins Haus gelassen hat.
Ist die Küche für den Kunden individuell hergestellt worden?
Auf den im Herbst 2005 erstmals monierten Mangel eines falschen Gefälles am Ablauf des Restebeckens ist der Rücktritt vom Dezember 2004 nicht gestützt. Selbst wenn man in der Klageerhebung eine weitere Rücktrittserklärung sehen wollte, so wäre dieser Rücktritt nach § 218 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam geworden, nachdem sich die Beklagte auf Verjährung beruft. Für die Verjährung gilt vorliegend § 438 BGB, weil es sich um einen Kaufvertrag mit Montageverpflichtung im Sinn von § 434 Abs. 2 BGB handelt. § 438 Abs. 1 Ziff. 3 BGB sieht für den vorliegenden Fall eine zweijährige Verjährungsfrist vor, die mit Ablieferung im Mai bzw. August 2003 zu laufen begonnen hat, § 438 Abs. 2 BGB, und daher Ende August 2005 vollendet war. Entgegen dem Kläger vorliegenden Informationen und anders als vom OLG Köln in dem dort zur Entscheidung stehenden Fall Az. 3 U 93/01 entschieden findet die fünfjährige Verjährung für Arbeiten an Bauwerken unter den hier maßgeblichen Umständen keine Anwendung.
Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt es für die Frage, ob die Einbauküche als wesentlicher Bestandteil des Hauses im Sinn von § 94 Abs. 2 BGB anzusehen ist, auf die Umstände des Einzelfalls und auch auf landschaftliche Besonderheiten an (BGH NJW-RR 1990, S. 586). Abzustellen ist darauf, ob nach der Verkehrsanschauung die Küche dem Gebäude eine besondere Eigenart, ein bestimmtes Gepräge gibt bzw. ob sie dem Baukörper besonders angepasst ist (BGH NJW-RR 1990, S. 914). Weiter kommt es darauf an, ob die Küche vom Haus getrennt werden kann, ohne in ihrem Wesen verändert zu werden. Dabei geht der Bundesgerichtshof dabei aus, dass Serienküchen im Allgemeinen abgebaut und transportiert werden können, ohne mehr als nur unwesentlich beschädigt zu werden, und das dies in Gebieten außerhalb Norddeutschlands häufig auch so gehandhabt wird (BGH NJW-RR 1990, S. 586, 587). Nach diesen Grundsätzen handelt es sich bei der Einbauküche des Klägers nicht um einen wesentlichen Gebäudebestandteil, so dass die Gewährleistungszeit zwei und nicht fünf Jahre beträgt.
Die Küche ist aus Serienteilen zusammengestellt und bis auf die üblichen Anpassungen bei Arbeitsplatten, Regalen und Wandabschlüssen nicht individuell für den Kläger hergestellt, was sich schon aus dem Preis schließen lässt. Die Küche ist auf die übliche Art aufgestellt bzw. aufgehängt, so dass auf die gleiche Weise wieder abgebaut und – entsprechenden Platz vorausgesetzt – in einer anderen Wohnung wieder aufgestellt werden könnte. Jedenfalls ist dem Gericht nicht zuletzt aufgrund eigener Erfahrung bekannt, dass eine aus zwei Zeilen bestehende Einbauküche wie vorliegend ohne weiteres umgezogen werden kann und auch häufig umgezogen wird, so dass von einem festen Gebäudebestandteil nicht ausgegangen werden kann. Es ist auch nicht ersichtlich, weshalb gerade diese Küche dem Haus des Klägers ein besonderes Gepräge geben sollte, zumal der Kläger offenbar schon andere Küchen zuvor hat ein-, aber auch wieder ausbauen lassen, wie in der mündlichen Verhandlung verlautete. In diesem Fall kann offen bleiben, ob der Ablauf des Restebeckens tatsächlich falsch eingebaut ist und ob insofern nicht auch nur ein unerheblicher, nicht zum Rücktritt berechtigender Mangel vorliegen würde.
Nebenentscheidungen: §§ 91, 708 Nr. 11, 711 S. 1 ZPO.