Fortsetzung zu: Eine unerhebliche Pflichtverletzung
Es ist zwischen den Parteien streitig, inwiefern diese Nacherfüllung erfolgreich war, dies kann aber dahinstehen. Jedenfalls haben die Kläger mit den danach folgenden Schreiben zu einer weiteren Nachbesserung lediglich bezüglich folgender Mängel aufgefordert:
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Fehlender Schalter der Nischenbeleuchtung (Schreiben vom 11.12.2014).
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Fehlende Dämpfung des Apothekerschranks (Schreiben vom 11.12.2014 und 25.02.2015).
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Noch ausstehende Lieferung einer neuen Front der Kühlschranktür (Schreiben vom 11.12.2014).
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Kleiner Lackschaden an der Front des Apothekerschrankes (Schreiben vom 11.12.2014).
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Kühlschrank schief eingebaut (Schreiben vom 12.12.2014).
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Kühlschrankgriff verkratzt (Schreiben vom 25.02.2015).
Drei dieser Mängel wurden noch vor der Rücktrittserklärung behoben: Am 23.12.2014 wurde die schiefe Ausrichtung des Kühlschranks behoben. Am 23.02.2015 wurden die Mängel an den Fronten des Apothekerschrankes und des Kühlschrankes behoben.
Die Kläger haben die Beklagte also nur für folgende Mängel die nicht behoben wurden nach dem ersten Nachbesserungsversuch am 08.12.2014 darauf hingewiesen, dass die Mängel noch vorhanden sind:
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Fehlender Schalter der Nischenbeleuchtung (Schreiben vom 11.12.2014).
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Kühlschrankgriff verkratzt (Schreiben vom 25.02.2015).
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Fehlende Dämpfung des Apothekerschranks (Schreiben vom 11.12.2014).
Ist vom einem Fehlschlag der Nacherfüllung auszugehen?
Für alle anderen in der Mängelliste vom 07.12.2014 aufgeführten Mängel haben die Kläger bis zur Rücktrittserklärung nicht darauf hingewiesen, dass die Mängel nach dem ersten Nachbesserungsversuch vom 08.12.2014 noch vorgelegen haben. Vielmehr erklärten sie mit Schreiben vom 11.12.2014, sämtliche eine ungenaue Montage betreffenden Mängel seien beseitigt. Für die Beklagte bestand daher bezüglich aller Mängel, die zwar Bestandteil der Liste vom 07.12.2014, aber nicht der danach folgenden Mitteilungen der Kläger waren, kein Anlass, einen weiteren Nachbesserungsversuch zu unternehmen.
bb.
Auch bei Anwendung des Werkvertragsrechts ergäbe sich kein Fehlschlag der Nacherfüllung bezüglich anderer Mängel. Die Regel des § 440 Abs. 2 BGB kann zwar nicht ohne weiteres übernommen werden, bietet jedoch für den Regelfall einen Anhalt (Palandt/Sprau § 636 Rn. 15). Darüber hinaus ist der Einzelfall zu würdigen.
Hier ist mit oben gesagtem zu berücksichtigen, dass die Beklagte bezüglich aller Mängel, die zwar Bestandteil der Liste vom 07.12.2014, aber nach dem ersten Nacherfüllungstermin kein Bestandteil der danach folgenden Mitteilungen der Kläger waren keinen Anlass hatte, einen weiteren Nachbesserungsversuch zu unternehmen. Es wäre unbillig, den fehlschlag einer Nacherfüllung anzunehmen, soweit der Nacherfüllungsverpflichtete davon ausgeht und ausgehen darf, dass die Nacherfüllung bereits erfolgreich war.
b.
Schon mangels Fehlschlags der Nacherfüllung wären auch die behaupteten Mängel an der Elektroinstallation des Starkstromanschlusses der Kücheninsel nicht mit in die Abwägung einzubeziehen.
Für die Elektroinstallation fehlt es darüber hinaus auch an einer ersten Aufforderung zur Nacherfüllung. Dabei kann dahinstehen, ob der zugrundeliegende Vertrag als Werklieferungs- oder als Werkvertrag einzuordnen ist. In beiden Fällen muss grundsätzlich eine erfolglose Aufforderung zur Nacherfüllung erfolgen, bevor andere Gewährleistungsrechte wahrgenommen werden können (§§ 650 S. 1,435 bzw. 635 BGB).
Die Mängelliste der Kläger vom 07.12.2014 stellt bezüglich des Starkstromanschlusses kein Nacherfüllungsverlangen dar. Der Inhalt des Nacherfüllungsverlangens muss für den Verkäufer zweifelsfrei sein (Palandt/Weidenkaff § 439 Rn. 6 BGB). Es muss insbesondere erkennen lassen, dass Abhilfe erwartet wird. Die Elektroinstallation ist in der eigentlichen Tabelle der Mängelliste nicht angesprochen. Lediglich in einer „Bemerkung“ am Ende der Liste formulieren die Kläger:
„Ein Monteur sagte, dass er kein Elektriker sei. Wie ist sichergestellt, dass die Elektroinstallationen fachgerecht ausgeführt wurden?“
Dies ist allein auf die fachliche Qualifikation des Monteurs bezogen. Aus der Formulierung in Frageform ergibt sich keine Aufforderung zum Praktischen Tätigwerden. Ein Bezug zu einem konkreten Mangel ergibt sich nicht. Dafür spricht auch, dass diese „Bemerkung“ nicht wie die anderen geltend gemachten Mängel innerhalb der Tabelle vom 07.12.2014 steht, sondern darunter. Für die Beklagte bestand daher lediglich Anlass, sich zur Qualifikation des Monteurs zu erklären, was sie auch tat.
Wie hoch ist das Ausmaß der Mangelhaftigkeit?
Auch in dem Schreiben der jetzigen Prozessbevollmächtigten der Kläger vom 02.04.2015, mit dem die Kläger den Rücktritt erklärten, wird die Elektroinstallation nicht angesprochen.
Erst mit Schreiben vom 07.05.2015 wurde die Beklagte auf Mängel an der Elektroinstallation konkret aufmerksam gemacht. Angesichts der bereits im Schreiben vom 02.04.2015 erklärten Verweigerung weiterer Nachbesserungstermine ist dies aber keine Aufforderung zur Nachbesserung.
2.
Die Abwägung führt zur Annahme der Unerheblichkeit i.S.v. 323 Abs. 5 S. 2 BGB.
Hier ist besonders zu berücksichtigen, dass die Mängel, die im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung noch vorlagen, behebbare Mängel sind. Da es für die Beurteilung der Erheblichkeit zumindest auch auf die objektive Störung der Pflichtverletzung ankommt, das heißt auf das Ausmaß der Mangelhaftigkeit, ist bei der Abwägung insbesondere zu berücksichtigen, ob und gegebenenfalls mit welchem Kostenaufwand sich der Mangel beseitigen lässt (vgl. OLG Köln, Urteil vom 27. April 2010 – I-15 U 185/09 -, Rn. 19 juris m.w.N.; Palandt/Grüneberg, 74. Aufl. 2015, § 323 Rn. 32).
Von einer Geringfügigkeit eines behebbaren Mangels und damit von einer Unerheblichkeit der Pflichtverletzung ist in der Regel auszugehen, wenn die Kosten der Mangelbeseitigung imVerhältnis zum Kaufpreis geringfügig sind (vgl. BGH, Urteil vom 28. Mai 2014 – VIII ZR 94/13 -, BGHZ 201,290-310, Rn. 17). Nicht mehr geringfügig sind dabei Mangelbeseitigungskosten in Höhe von mindestens 5% des Kaufpreises. Die Materialkosten der Mängelbeseitigung betragen nach unwidersprochen gebliebenem Vortrag der beklagten weniger als 60 Euro. Selbst bei großzügiger Hinzurechnung von Arbeitszeitkosten ergäbe sich jedenfalls ein Betrag unterhalb von 5% des Kaufpreises (723,00 Euro).
Die Beklagte wäre durch die Rückabwicklung des Vertrages stark belastet. Die Rücknahme einer Einbauküche von diesem Wert würde erheblichen Aufwand und erhebliche Kosten verursachen.
Es sind auch keine übrigen Faktoren ersichtlich, die zu einem Überwiegen der Interessen der Kläger an der Rückabwicklung führen würden. Die Beklagte hat auf die Aufforderungen der Kläger hin Nachbesserungsversuche vorgenommen und die ganz überwiegende Zahl der geltend gemachten Mängel auch beseitigt.
Dies benachteiligt die Kläger auch nicht unbillig. Das recht auf Minderung und der Anspruch auf kleinen Schadensersatz bleiben bei Unherblichkeit des Mangels grundsätzlich erhalten (vgl. BGH, Urteil vom 28. Mai 2014 – VIII ZR 94/13 - , BGHZ 201, 290-310, Rn. 31).
II.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 2, 269 Abs. 3 S. 2. 709 ZPO.
Der Streitwert wird auf bis 16.000,00 Euro festgesetzt.
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