Der Sitzspiegel
Aktenzeichen 22 U 184/89 Oberlandesgericht Celle vom 22. November 1990
In dem Rechtsstreit hat der 22. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 6. November 1990 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandgericht und des Richters am Landgericht für Recht erkannt:
Die Berufung des Klägers gegen das am 29. Juni 1989 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Verden wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist unbegründet.
Der Kläger kann nicht Wandlung des Kaufvertrages vom 11. November 1988 verlangen, durch den er bei der Beklagten zu 1. eine Sitzgarnitur, bestehend aus einem 3- und einem 4- sitzigen Sofa sowie einem Sessel, gekauft hat.
Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus den §§ 462, 465 BGB. Der Beklagte hat nicht bewiesen, dass die Sitzgarnitur mit Fehlern behaftet ist, die den Wert oder die Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder dem nach dem Vertrage vorausgesetzten Gebrauch aufheben oder mindern (§ 459 Abs. 1 Satz 1 BGB). Es trifft zu, dass sich auf dem Stoffbezug der Sitze und Armlehnen der Sitzgarnitur Stellen befinden, die je nach Lichteinfall hell oder dunkel erscheinen. Bei ihnen handelt es sich um sogenannte Sitzspiegel.
Diese beruhen daraus, dass bei längerem Sitzen der Flor des Chenillevelours, mit dem die Sitzgarnitur bezogen ist, durch den Einfluss von Körperdruck, Körperwärme und Körperfeuchtigkeit seine Lage verändert, wie der Sachverständige in seinem Gutachten vom 14. Juni 1990 überzeugend ausgeführt hat. Durch die Florlagenveränderung kann zwar der optische Eindruck erweckt werden, es handele sich bei der Sitzgarnitur um gebrauchte Möbel. Diese nur optische Beeinträchtigung stellt aber keinen Mangel dar, weil die Sitzspiegelbildung bei Chenillevelours dem Wesen dieses Bezugsstoffes entspricht. Chenillevelours ist als Möbelbezugsstoff geeignet. Es ist seit Jahren im Handel, wie dem Gutachten des Sachverständigen zu entnehmen ist.
Das die beanstandeten Stellen auf der Sitzgarnitur auf eine zu starke Spannung des Bezugsstoffes bei der Polsterung zurückführen sind, lässt sich nicht feststellen. Wie der Sachverständige in seinem Gutachten weiter ausgeführt hat, ist die Polsterung nicht die Ursache der Sitzspiegelbildung, weil der Chenillevelours fachlich richtig verarbeitet worden ist.
Sachmängel liegen nicht vor
Dem Kläger steht ein Wandlungsanspruch auch nicht aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsabschluss zu. Es kann dahingestellt bleiben, inwieweit bei unterlassener Aufklärung hinsichtlich der verkauften Sache die Gewährleistungsansprüche Ansprüche aus Verschulden bei Vertragsschluss ausschließen. Diese Frage stellt sich hier nicht, weil Sachmängel nicht vorliegen.
Der von dem Kläger erhobene Vorwurf, die Beklagte zu 1. habe sich einer Verletzung ihrer Aufklärungspflicht schuldig gemacht, ist unbegründet. Die Beklagte zu 1. hat ihre Aufklärungspflicht nicht verletzt. Eine Pflicht zur Aufklärung bestand für sie nicht. Sie war nicht verpflichtet den Kläger über optische nachteilige Eigenschaften des Chenillevelours zu belehren. Es kann nicht festgestellt werden, dass es für die Beklagte zu 1. erkennbar, war dass der Kläger die Eigenschaft des Chenilleveloursbezugstoffes als nachteilig empfinden werden. Denn die bei Chennillevelours mögliche Sitzspiegelbildung wird nicht allgemein als nachteilig empfunden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 713 ZPO.
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