Die Aufklärungs- und Belehrungspflichten

Aktenzeichen 6 S 38/02 Landgericht Ravensburg vom 23. Januar 2003

 

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Ravensburg vom 16.10.2002 – 12 C 279/02 – abgeändert.

 

Die Klage wird abgewiesen.

 

Die Klägerin trägt die Kosten beider Rechtszüge.

 

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Leistung einer Sicherheit von 2.000,- Euro

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Entscheidungsgründe:

 

Wegen des Sach- und Streitstandes wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen. Neue Tatsachen haben die Parteien in 2. Instanz nicht vorgetragen.

 

Die Berufung ist zulässig und hat in der Sache Erfolg.

 

Für etwaige Ansprüche der Klägerin ist auf §§ 433 ff. BGB sowie das allgemeine Schuldrecht des BGB in der bis 31.12.2001 geltenden Fassung zurückzugreifen, weil die streitgegenständlichen Sofabänke noch im Verlauf des Jahres 2001 gekauft und ausgeliefert wurden.

Vor Ablauf der 6 Monate betragenden Verjährungsfrist

Da die Klage rechtzeitig vor Ablauf der seinerzeit 6 Monate betragenden Verjährungsfrist für Gewährleistungsansprüche erhoben wurde, bedarf es keiner deutlichen Unterscheidung zwischen der Gewährleistung einerseits und etwaigen Schadensersatzansprüchen aus culpa in contrahendo oder sogenannter positiver Vertragsverletzung andererseits. Keiner dieser geltend gemachten Ansprüche kommt in Betracht.

 

Die Kammer vermag sich aufgrund der Fotos der Sofabänke und ihrer anschaulichen Beschreibung im Gutachten des Sachverständigen die von der Beklagten verkauften Möbelstücke (Marke Rolf Benz, Modell SOB 1600/184) sehr gut vorzustellen. Auch der Mechanismus der Seitenteile, die in einer einfachen Achse gelagert sind, leuchtet aufgrund der erkennbaren Position des Schwerpunktes ohne weiteres ein. Danach ist klar, dass jemand, der auf der Sitzfläche der Sofabänke oder/und teilweise auch auf dem inneren Bereich der Seitenteile Platz nimmt, diese – wenn überhaupt – selbst bei weitem Hinausbeugen kaum zu mehr als einer leichten Bewegung, nicht jedoch zu einem vollständigen Kippen in die Außenlage, bringen wird. Dies aber ist die bestimmungsmäßige, im normalen Gebrauch allein zu bedenkende Möglichkeit. Insoweit erweist sich auch die leichte Handhabung der Drehachse durchaus als Vorteil; wäre sie schwergängig oder müsste zuerst eine deutlich wirkende Arretierung überwunden werden, ist durchaus vorstellbar, dass gerade dies von anderen Nutzern als Mangel gerügt werden würde.

Eine völlig atypische Nutzung der Sofabank

Zu einer etwaigen Gefahr kann der Mechanismus lediglich dann werden, wenn von außen jenseits der Position der Drehachse auf die Seitenteile gedrückt oder gesessen wird. Dies aber ist eine völlig atypische Nutzung der Sofabank, auf die sich der Hersteller nicht einrichten muss. Es ist vielmehr Sache der Klägerin ihren Gästen, die dies tun, solche Unsitten abzugewöhnen. Dies gilt auch und gerade dann, wenn es sich hierbei – wie in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht – um Kinder handelt. Die Kammer ist nicht der Ansicht, dass diese Gefahrenquelle verborgen wäre und eines besonderen Hinweises schon beim Kauf bedurft hätte. Der Drehmechanismus ist der einzige Beschlag der Sofabank, der bedient werden kann und dieser über ihre Eigenschaft als Sitzmöbel hinaus eine andere Gestalt und Funktion verleiht.

Kann keine Belehrung verlangen

Es entspricht gesicherter Lebenserfahrung, dass ein solcher Beschlag beim Aussuchen im Möbelgeschäft vorgeführt und vom Kunden beim Probesitzen getestet wird. Die Klägerin kann daher nicht ernstlich geltend machen, dass ihr die Leichtgängigkeit nicht bewusst gewesen wäre. Wenn sie daraus nicht die entsprechenden Schlüsse für die angeblichen Besonderheiten in ihrem Lebensbereich zog, bleibt dies allein ihre Sache. In einer solchen Situation noch eingehende Belehrungen zu verlangen, wäre eine unangebrachte Übersteigerung des Gedankens der vertraglichen Schutzpflichten. Etwas anderes könnte allenfalls dann gelten, wenn die Klägerin die Sofabänke ohne vorherige Besichtigung nach Katalog bestellt hätte. Dieser Gesichtspunkt wurde in der mündlichen Verhandlung von der Kammer angesprochen. Geltend gemacht wurde er von der Klägerseite aber nicht.

 

Unter diesen Umständen ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO. Gründe die für eine Zulassung der Revision sprechen würden, sind nicht ersichtlich.

 

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