Gehörte die „Herz-Waage-Position“ beim Fernsehsessel zum Kaufumfang ?
Aktenzeichen 11 S 50/15 Landgericht Dortmund vom 07.04.2016
Auf die Berufung des Klägers wird das am 15.04.2015 verkündete Urteil des Amtsgerichts Unna abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.600,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.11.2013 Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung der beiden Fernsehsessel mit drei Motoren plus Aufstehhilfe und verlängerter Fußstellung zu zahlen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte mit Ausnahme der Kosten des Gutachtens der Sachverständigen vom 22.10.2014, die dem Kläger zur Last fallen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe:
(abgekürzt gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO)
Die Parteien verfolgen im Berufungsverfahren ihre erstinstanzlichen Anträge unverändert weiter.
Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen.
Die Kammer hat Beweis erhoben durch erneute Vernehmung der Zeugen. Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der Sitzung vom 07.04.2016 Bezug genommen.
Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet.
Der Kläger kann nach Rücktritt vom Kaufvertrag über die streitgegenständlichen Fernsehsessel die Rückgewähr des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückübereignung der Sessel verlangen.
Die Kammer ist nach der Zeugenvernehmung überzeugt, dass der Kläger im Rahmen der mit dem Zeugen geführten Kaufvertragsverhandlungen deutlich gemacht hat, dass die zu erwerbenden Fernsehsessel neben anderen Eigenschaften zwingend auch ein Ausfahren der Fußstütze bis in die sog. Herz-Waage-Position ermöglichen sollten. Hintergrund war, dass die Ehefrau des Klägers wegen einer Erkrankung abends die Beine hochlagern musste.
Die Ehefrau des Beklagten hat bei ihrer Vernehmung widerspruchsfrei und sehr lebensnah geschildert, dass die bei ihr und ihrem Ehemann vorhandenen Erkrankungen maßgeblich die Anforderungen an die Fernsehsessel bestimmten und deshalb das Erfordernis der Herz-Waage-Funktionalität in dem Gespräch mit dem Zeugen sehr deutlich zum Ausdruck gebracht wurde. Die Aussage war glaubhaft, gegen die Glaubwürdigkeit der Zeugin bestehen keine Bedenken.
Der Sonderwunsch die Herz-Waage-Funktion
Zwar hat sie als Ehefrau des Klägers ein mittelbares eigenes Interesse am Ausgang des Rechtsstreits. Jedoch hat sie bei ihrer Aussage keine einseitig die Prozesslage ihres Ehemanns stützenden Tendenzen gezeigt. Im Gegenteil hat sie mit ihrer Aussage die klägerische Behauptung widerlegt, in dem Verkaufsgespräch sei auch das Erfordernis einer weichen Sitzpolsterung thematisiert worden. Nach allem ist die Kammer davon überzeugt, dass die Herz-Waage-Funktionalität von dem Kläger und seiner Ehefrau in dem Verkaufsgespräch als notwendige Eigenschaft der zu erwerbenden Fernsehsessel dargestellt worden ist.
Dem steht die Aussage des Zeugen nicht durchgreifend entgegen. Der Zeuge hat allerdings bekundet, der Begriff „Herz-Waage-Position“ sei in dem gesamten Gespräch nicht ein einziges Mal gefallen. Dies hält die Kammer letztlich nicht für glaubhaft. Der Zeuge hat selbst angegeben, das Gespräch habe sich mit Unterbrechung durch ein Mittagessen über mehrere Stunden hingezogen und man habe auch über allerlei Privates und den Gesundheitszustand des Klägers und seiner Frau gesprochen. Jedoch seien ihm nur andere sich daraus ergebende Notwendigkeiten dargestellt worden.
Insoweit hält die Kammer es durchaus für möglich, dass dem Zeugen im Laufe der Verhandlungen aus dem Kreis der zahlreichen Sonderwünsche des Klägers und seiner Frau und des erforderlichen Abgleichs des Preises mit dem Konkurrenzpreis diese eine Funktionalität wieder entfallen ist, so dass er subjektiv wahrheitsgemäß ausgesagt hat. Im Abgleich mit der Aussage der Zeugin Clemens folgt die Kammer aus den vorgenannten Gründen jedoch dieser.
Aufgrund der klaren Einforderung der Funktionalität „Herz-Waage-Position“ ist diese Eigenschaft Bestandteil des Kaufvertrages geworden und sind wegen deren unstreitigen Fehlens die gelieferten Fernsehsessel mangelhaft.
Darauf, dass eine weiche Sitzpolsterung nach den übereinstimmenden Aussagen der Zeugen nicht gefordert worden ist und auch die in dem Leder aufgetretene Wellenbildung nach den überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen keinen Mangel darstellt, kommt es somit nicht mehr an.
Nachdem die Beklagte eine Nachbesserung ernsthaft und endgültig verweigert hatte, war der Kläger zum Rücktritt berechtigt.
Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO; die Kosten der für den Kläger erfolglosen Beweisaufnahme zu der Wellenbildung im Leder der Sessel hat es jedoch selbst zu tragen (§ 96 ZPO).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Die Kammer hat die Revision nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht gegen sind.
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