Fortsetzung zu: Anbauwand auf unebenen Parkettboden
Einwandfreie Funktionsfähigkeit des Fernsehschrankes
Die Lieferung der Anbauwand
d.)
Auf ein bestehendes Leistungsverweigerungsrecht nach § 320 BGB bis zur vollständigen Zahlung der vereinbarten Anzahlung in Höhe von 10.000,00 Euro kann sich die Klägerin nicht mit Erfolg berufen. Dabei kann dahinstehen, ob das Verhalten der Klägerin bereits als ein konkludenter Verzicht auf die Geltendmachung der Einrede des nicht erfüllten Vertrages zu sehen ist. Jedenfalls verstößt die Klägerin mit der Geltendmachung der Einrede im vorliegenden Rechtsstreit gegen das Verbot widersprüchlichen Verhaltens (Venire contra factum propium), indem sie die Mängelbeseitigung zuvor nicht von der Zahlung der restlichen Anzahlung von 5.000,00 Euro abhängig gemacht hat.
Die Klägerin hat nicht nur die Lieferung der Kaufgegenstände vorgenommen, obwohl zu diesem Zeitpunkt die Anzahlung noch nicht vollständig geleistet worden war, sondern sie hat sich zugleich auf die von dem Beklagten geforderte Mängelbeseitigung eingelassen, ohne auf der vorherigen Zahlung der 5.000,00 Euro zu bestehen.
Vorgerichtlich hat die Klägerin lediglich die restliche noch ausstehende Lieferung des Fernsehers für das Badezimmer von der restlichen Anzahlung abhängig gemacht, was von dem Beklagten auch so verstanden worden ist, wie sich aus dem von der Klägerin mit der Berufungsbegründung nochmals vorgelegten anwaltlichen Schreiben des Beklagten vom 05.04.2007 ergibt, indem ausdrücklich nur von einem Zurüchbehaltungsrecht in Bezug auf den noch nicht gelieferten Fernseher die rede ist. Es erscheint daher treuwidrig, wenn die Klägerin nunmehr im Nachhinein nach Fehlschlagen der Nachbesserung und der Erklärung des Rücktritts auch auf ein bestehendes Leistungsverweigerungsrecht berufen will.
Der Fernsehschrank ist der Hauptbestandteil des gelieferten Systems
e.)
Das Rücktrittsrecht des Beklagten ist auch nicht auf den Fernsehschrank beschränkt. Eine Teilleistung im Sinne des § 323 Abs. 5 S. 1 BGB haben die
Parteien nicht vereinbart. Sie gehen übereinstimmend davon aus, dass der betreffende Fernsehschrank der Hauptbestandteil des von der Klägerin gelieferten Systems ist, mit dem im Übrigen die
Soundanlage und die übrigen Komponenten gesteuert werden. Auch ein unerheblicher Mangel gemäß § 323 Abs. 5 S. 2 BGB ist nicht gegeben. Zwar ist zutreffend, dass der Sachverständige die Kosten für
die lotgerechte Aufstellung des Fernsehschrankes zunächst nur mit 113,05 Euro veranschlagt hat. Dabei ist aber nicht berücksichtigt, dass der Beklagte mit dem Schreiben vom 10.02.2007 sowie vom
14.03.2007 noch weitere Mängel des Fernsehschrankes gerügt hat, denen die Klägerin nicht substantiiert entgegengetreten ist.
Ferner ist unklar geblieben, ob die Ursache des Mangels möglicherweise in einer gestörten Lichtmotorik zu suchen ist, nachdem eine einwandfreie Funktionsfähigkeit auch nach dem lot- und waagerechten Aufstellen des Fernsehschrankes im zweiten Ortstermin durch den Sachverständigen nicht herbeigeführt werden konnte. Diese Unklarheit geht zulasten der für die Unerheblichkeit des Mangels beweisbelasteten Klägerin. Darüber hinaus hat das Landgericht zu Recht darauf hingewiesen, dass für die Frage der Erheblichkeit nicht pauschal auf die Höhe des Mängelbeseitigungsaufwandes abgestellt werden kann, sondern eine umfassende Interessenabwägung erfordert, bei der es auf die Umstände des Einzelfalles ankommt (vgl. BGH, NJW-RR 2010, 1289, 1291).
Hier ist zu berücksichtigen, dass zum für die Erheblichkeit maßgeblichen Zeitpunkt der Rücktrittserklärung (vgl. dazu BGH NJW 2009, 508) der Fernsehschrank als zentrales Steuerungselement des von dem Beklagten zu einem nicht unerheblichen Anschaffungspreis erworbenen Systems nicht voll funktionsfähig war und ein Nachbesserungsversuch fehlgeschlagen war, weil die Klägerin auch mit Unterstützung des in den Niederlanden ansässigen Herstellers eine Ursache des Mangels nicht feststellen konnte. Gerade weil es sich um eine hochpreisige und nach Angaben der Klägerin auch hochwertige Anlage handelte, sind an die Unerheblichkeit eines mangels strenge Anforderungen zu stellen.
Eine Unerheblichkeit des Mangels liegt auch deshalb nicht vor, weil der Beklagte die Anlage auch in Kenntnis des mangels in jedem Fall erworben hätte. Vielmehr hat der Beklagte in erster Instanz unwidersprochen vorgetragen, dass er den Fernsehschrank nicht erworben hätte, wenn er gewusst hätte, dass eine Gefahr bestanden hätte, dass sich der Schrank ohne eine entsprechende Unterkeilung sich aufgrund der Wahl des Aufstellungsortes verziehen werde (vgl. Bl. 214 GA). Dem ist die Klägerin nicht weiter entgegengetreten. Folgerichtig ist das Landgericht in dem angefochtenen Urteil auch davon ausgegangen, dass dieser Punkt unstreitig war.
Das nunmehr mit der Berufungsbegründung erfolgte erstmalige Bestreiten der Klägerin ist nach § 531 Abs. 2 ZPO nicht mehr zu berücksichtigen. Ein Verfahrensfehler des Landgerichts liegt nicht vor. Das Landgericht hat ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 23.03.2010 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass nach seiner Ansicht ein Anspruch des Beklagten wegen Verletzung einer Aufklärungspflicht in Betracht komme, und dabei zu Protokoll gegeben, dass der Beklagte unwidersprochen vorgetragen habe, dass er den Vertrag bei entsprechender Aufklärung nicht abgeschlossen hätte (Bl. 219 GA). Zu diesem Hinweis hat die Klägerin in ihrem nachgelassenen Schriftsatz vom 19.04.2010 nicht weiter Stellung genommen, sondern lediglich ausgeführt, sie habe mit der Unebenheit des Parkettbodens nicht rechnen müssen.
Ist das unterlassene Unterschieben von Holzkeilen ein Montagefehler?
f.)
Dem Landgericht kann auch dahingehend beigepflichtet werden, dass jedenfalls für den Fall, dass nicht bereits in dem unterlassenen Unterschieben von Holzkeilen ein Montagefehler zu sehen ist, die Klägerin jedenfalls eine Hinweis- und Aufklärungspflicht bezüglich der richtigen Austarierung des Fernsehschrankes traf, deren Verletzung zu Schadensersatzansprüchen des Beklagten mit der Folge führt, dass er so zu stellen wäre, als sei der Vertrag nicht abgeschlossen worden. Dieser Hinweispflicht ist die Klägerin nicht nachgekommen, indem sie unstreitig bei der Aufstellung des Fernsehschrankes nicht auf das Gefälle im Parkettboden und die mögliche Gefahr des Verziehens des Schrankes mit der Folge der Verkantung der Jalousien hingewiesen hat.
Die von der Klägerin mit der Berufungsbegründung gegen diese Auffassung vorgebrachten Einwendungen vermögen nicht zu überzeugen. Soweit die Klägerin sich darauf beruft, dass der Sachverständige in seinem zweiten Gutachten vom 06.05.2009 ausgeführt hat, dass grundsätzlich jeder Schrank lot- und waagerecht aufzustellen sei, sodass der Beklagte keiner besonderen Belehrung bedurft habe, weil es sich nicht um ein Sonderfall gehandelt habe, ist zu berücksichtigen, dass vorliegend bei dem Beklagten durch den verlegten Parkettboden und dem an dem vorgesehenen Aufstellort vorhandenen Gefälle besondere Bedingungen vorlagen, sodass sich die Aufklärungspflicht insbesondere aufgrund der vor Ort vorliegenden Gegebenheiten ergab.
Mit dem Bestreiten der Kausalität einer Hinweispflichtverletzung kann die Klägerin in zweiter Instanz nach § 531 Abs. 2 ZPO wie bereits vorstehend ausgeführt, nicht mehr gehört werden. Auch die vom Klägervertreter im Rahmen der Erörterung der Sach- und Rechtslage im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat gezogene Parallele zu der Bedenkenhinweispflicht nach § 4 Nr. 3 VOB/B und dem Baugrundrisiko des Bauherren geht fehl, da auch der Werkunternehmer, der sein Werk auf einem vorhandenen Untergrund aufbauen will, nach § 4 Nr. 3 VOB/B verpflichtet ist, für den Fall, dass er erkennen kann, dass der Untergrund hierfür nicht geeignet ist, Bedenken anzumelden.
Die tatsächliche Nutzung des Fernsehschrankes
II.
Die Widerklage ist nach alledem in dem in der Berufungsinstanz verbliebenen Umfang überwiegend begründet.
a.) Der Beklagte hat einen Anspruch auf Erstattung der von ihn geleisteten Anzahlung in Höhe von 5.000,00 Euro Zug um Zug gegen Rückgabe der gelieferten Kaufgegenstände aus §§ 437 Nr. 2, 440,323,346 Abs. 1 BGB. Die von der Klägerin gelieferte Anlage war nach den vorstehenden Ausführungen unter 1. mangelhaft und der Beklagte zum Rücktritt berechtigt. Rechtsfolge des Rücktritts ist, dass die einander empfangenen Leistungen zurück zu gewähren sind.
b.) Von dem danach bestehenden Rückzahlungsanspruch ist der von dem Beklagten nach § 346 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB für die gezogenen Nutzungen in Form der Gebrauchsvorteile zu leistende Wertersatz abzuziehen, den der Senat im vorliegenden Fall gemäß § 287 ZPO auf 500,00 Euro schätzt. Da die Rückgabe der gezogenen Nutzungen aufgrund der Natur der Sache nicht möglich ist, ist unabhängig von einem etwaigen Ersatz für eine durch den Gebrauch eingetretene Verschlechterung der Gegenstände (§ 346 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BGB) für die Nutzung Wertersatz zu leisten. Es ist auch davon auszugehen, dass eine tatsächliche Nutzung erfolgt ist, da der Beklagte vorgetragen hat, er habe den Fernsehschrank wegen der Mangelerscheinungen nur wenige Male vorgeführt (vgl. Bl. 172 GA).
c) Der Feststellungsantrag ist zulässig und begründet. Das Festellungsinteresse des Beklagten folgt aus § 756 Abs. 1 ZPO. Die Klägerin befindet sich mit Rücknahme der Gegenstände mit Ablauf der im Rücktrittsschreiben vom 08.05.2007 gesetzten Frist in Annahmeverzug. Mit dem Schreiben vom 08.05.2007 ist die Klägerin in einer den Annahmeverzug begründenden Weise zur Rücknahme aufgefordert worden. Ein wörtliches Angebot war hier nach § 295 S. 2 BGB ausreichend, da zur Bewirkung der angebotenen Leistung eine Mitwirkungshandlung der Klägerin erforderlich war in Form der Abholung der Gegenstände bei dem Beklagten.
Erfüllungsort beim gesetzlichen Rücktrittsrecht gemäß §§ 437 Nr. 2, 440 BGB ist der Ort, an dem sich die Sache vertragsgemäß befindet (vgl. BGH, NJW 1983, 1479, 1480; OLG Saarbrücken, NJW 2005, 906,907). Mit Ablauf der gesetzten Frist hat die Beklagte gemäß § 302 BGB nur die tatsächlich gezogenen Nutzungen herauszugeben. Da der Beklagte unwidersprochen vorgetragen hat, den Fernsehschrank nur einige wenige Male vorgeführt zu haben, und das tatsächliche Ausmaß der Nutzung durch den Beklagten nicht bekannt ist, kann ein weitergehender Wertersatz nicht begründet werden.
d) Der geltend gemachte Zinsanspruch ist gemäß §§ 286 Abs. 1 S. 1 BGB begründet. Aufgrund des Annahmeverzuges befindet sich die Klägerin mit der Rückzahlungsverpflichtung in Verzug.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 709 S. 2 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da Zulassungsgründe gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Im Hinblick darauf, dass der Rechtsstreit einen Einzelfall betrifft und der Senat dabei nicht von bestehender höchst- oder obergerichtlicher Rechtssprechung abweicht, kommt der Rechtsache weder grundsätzliche Bedeutung zu (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs als Revisionsgericht (§ 543 Abs. 2 Nr. ZPO).
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