Formaldehyd übersteigt den Grenzwert Teil 6

Insoweit hat das Landgericht im Ergebnis zu recht die Klage wegen Verjährung abgewiesen.

 

a) Auf die mit der Klage geltend gemachten angeblichen Gewährleistungsansprüche findet die kurze Verjährungsfrist des § 638 Abs. 1 S. 1 Fall 1 BGB Anwendung. In beiden Fällen handelt es sich um Arbeiten an einer beweglichen Sache, so dass für die - hier zugunsten des Klägers unterstellten - Minderungsansprüche eine sechsmonatige Verjährungsfrist in Betracht kommt.

 

aa) In Bezug auf das Doppelbett hat der Kläger die tatsächlichen Voraussetzungen der §§ 93 ff. BGB für die Annahme, das Bett sei wesentlicher Bestandteil des Wohnhauses bzw. des Grundstückes, nicht hinreichend dargelegt, so daSS eine Anwendung der Fälle 2 und 3 des 3 638 Abs. 1 S. 1 BGB über 3 651 Abs. 2 unter dem Gesichtspunkt der Ausführung von Arbeiten an einer unbeweglichen Sache (= Grundstück/Bauwerk) ausscheidet.

 

(1) Es ist nicht ersichtlich, dass das auf einem Sockel stehende Bett nicht ohne Zerstörung des Fußbodens bzw. des Bettes selbst demontiert werden könnte. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass das Bett mit aus dem Fußboden kommenden Kabeln für Strom und Telefon verbunden ist, was für eine feste Verbindung im Sinne von §§ 93, 94 Abs. 1 BGB keinesfalls ausreicht.

 

Entsprechendes gilt hinsichtlich der erst im Laufe der Berufungsinstanz aufgestellten Behauptung des Klägers, die Unterkonstruktion des Doppelbettes sei in den Fugen des Steinbodens befestigt. Es ist nicht erkennbar, jedenfalls nicht hinreichend, dass durch die Entfernung des Bettes, das in jedem eine vorgetragen, anderen Raum und Haus wieder aufgestellt werden könnte, Zerstörung des Bettes nebst Sockel und/oder des Fußbodens aufträte.

Das gilt entsprechend für den Eckschrank

(2) Die Voraussetzungen des § 94 Abs. 2 BGB liegen gleichfalls nicht vor. Das Bett gibt dem Wohnhaus bzw. dem Schlafzimmerraum des Klägers weder ein bestimmtes Gepräge noch passt es sich dem Baukörper besonders an und bildet mit ihm eine Einheit. Die Voraussetzungen, unter denen der Bundesgerichtshof -(NJW-RR 1990, 586, 587 m.w.N.)

 

Gegenstände, die lediglich der Ausstattung oder Einrichtung des Bauwerks dienen, als "eingefügt" i.S.v. § 94 Abs. 2 BGB betrachtet, sind somit ersichtlich zu verneinen. Mit dem Doppelbett hat der Beklagte lediglich eine unvertretbare, bewegliche Sache hergestellt (vgl. § 651 Abs. 1S. 2 Halbs. 2 BGB). Die dem Kläger aus diesem echten Werklieferungsvertrag etwa zustehenden Gewährleistungsansprüche verjähren in sechs Monaten seit der Abnahnme.

 

bb) Das gilt entsprechend für den Eckschrank. Dieser ist zwar speziell für die Nische im Flur zwischen Haustür und Küche des Erdgeschosses des Hauses des Klägers hergestellt worden und erfüllt damit den Tatbestand des § 651 Abs. 1 S. 2 Halbs. 2 BGB, indes handelt es sich auch hier um die Herstellung einer beweglichen Sache. Der Eckschrank ist lediglich in die Nische geschoben worden. Er ist mit der Gebäudewand nicht verbunden, so dass die §§ 93, 94 Abs. 1 BGB ohne weiteres ausscheiden. § 94 Abs. 2 BGB ist gleichfalls aus den vorgenannten Gründen tatbestandsmäßig nicht gegeben.

 

cc) Für eine Qualifizierung der Arbeiten an Bett und Eckschrank als "Arbeiten bei Bauwerken" im Sinne von § 638 Abs. 1 S.ı Fall 3 BGB fehlt es im übrigen an dem Merkmal der "festen" Verbindung mit dem Gebäude, das der Bundesgerichtshof (BauR 1990, 351, 352 = NJW-RR 1990, 787) für die Anerkennung der fünfjährigen Verjährungsfrist u.a. verlangt. Der Küchenschrank ist überhaupt nicht mit dem Gebäude verbunden.

 

Beim Bett mangelt es an der dauerhaften Verbindung. Nach der Lebenserfahrung wird die Möblierung eines Schlafzimmers im Laufe der Jahre bzw. Jahrzehnte ausgewechselt. Jedenfalls kann nicht gesagt werden, dass das vom Beklagten hergestellte Doppelbett für die Erneuerung des Wohnhauses des Klägers "von wesentlicher Bedeutung" gewesen ist.

 

Die sechsmonatige Verjährungsfrist des § 638 Abs. 1. 1 Fall 1 BGB ist in beiden Fällen, d.h. bezüglich der Gewährleistungsansprüche hinsichtlich Bett und Eckschrank, vor Klageeinreichung abgelaufen.

Die Verjährungsfrist von sechs Monaten

aa) Der Beklagte hat unwidersprochen vorgetragen, das Bett am 10./11.3.1987 fertiggestellt zu haben. Am 11.3.1987 soll der Kläger die Leistungen des Beklagten abgenommen haben. Jedenfalls hat der Kläger die Vergütung des Beklagten über 3.437,10 DM mit seinem Scheck vom 21.3.1987 über 6.000,- DM bezahlt, wie er in seinem Schriftsatz vom 30.3.1988 (S. 15/16) selbst vorgetragen hat, so dass spätestens mit dieser Scheckzahlung die Werkleistungen des Beklagten konkludent abgenommen wurden.

 

Die Verjährungsfrist von sechs Monaten begann gemäß § 638 Abs. 1 S. 2 BGB mit der Abnahme, also ab dem 11.3. bzw. 21.3.1987 zu laufen. Der Lauf der Verjährungsfrist ist, wie bereits oben ausgeführt, aufgrund der Erklärung des Beklagten im gemeinsamen Ortstermin vom 17.9.1987, eine gutachterlicher Überprüfung seitens seines Holzlieferanten einholen zu lassen, bis zum Zugang des Prüfberichts am 8.11.1987 gehemmt gewesen, sofern die Verjährungsfrist erst am 21.3.1987 zu laufen begann.

 

Sie war zuvor schon abgelaufen, wenn der Sachvortrag des Beklagten zutrifft, die Abnahme hätte schon am 11.3.1987 stattgefunden. Aufgrund der Hemmung sind die restlichen vier Tage (vom 17.9. bis 21.9.1987) der Verjährungsfrist, die noch offen Standen, am 12.11.1987 abgelaufen. Da somit in jedem Falle die Klageeinreichung am 27.1.1988 die Verjährungsfrist nicht mehr unterbrechen konnte, kann offen bleiben, ob die Abnahme am 11.3.1987 oder erst am 21.3.1987 erfolgte.

 

Selbst wenn man zugunsten des Klägers davon ausgeht, dass die am 17.9.1987 begonnenen Verhandlungen über eine evtl. Gewährleistung seitens des Beklagten entsprechend seinem Vorbringen in der Berufungsinstanz erst im Laufe des im Anwaltsschreiben des Klägers vom 16.12.1987 bestätigten Telefonats vom Vortage zum Scheitern gelangten, weil der Beklagte erst jetzt eine Gewährleistung endgültig ablehnte, war danach die restliche Verjährungsfrist von vier Tagen bis zur Klageeinreichung am 27.1.1988 längst abgelaufen.

 

Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob der Beklagte bereits mit der Übersendung des Prüfberichts vom 28.10.1987 gemäß seinem Anwaltsschreiben vom 6.11.1987 konkludent zum Ausdruck brachte, angesichts des für ihn positiven Ergebnisses der Untersuchung die Mängelbeseitigung im Sinne von § 639 Abs. 2 BGB verweigern zu wollen, oder ob diese Verweigerung erst anläßlich des vorerwähnten Telefonats am 15.12.1987 gegenüber dem Kläger ausgesprochen wurde.

 

Der Kläger hat nicht hinreichend dargetan, dass der Tatbestand des § 639 Abs. 2 BGB bereits vor dem gemeinsamen Ortstermin vom 17.9.1987 vorgelegen hat mit der Folge, dass der Hemmungszeitraum sich entsprechend vergrößern würde. Dem vor dem 17.9.1987 gewechselten Schriftverkehr der Parteien vom 31.7.1987 (Anwaltsschreiben Kläger), 4.8.1987 (Anwaltsschreiben Beklagter), 13.8.1987 (Anwaltsschreiben Kläger) und 26.8.1987 (Anwaltsschreiben Kläger) kann nicht entnommen, dass der Beklagte sich zu jener Zeit bereiterklärt hat, den vom Kläger mit seinem ersten Anwaltsschreiben vom 31.7.1987 gerügten Mangel, nämlich die völlige Unbrauchbarkeit von Schrankwände und Bett infolge der Ausgleichskonzentration des Formaldehyds im Schlafzimmer, zu überprüfen.

Ohne Anerkennung einer Rechtspflicht

Eine solche Zusage ist vom Beklagten erstmals im gemeinsamen Ortstermin vom 17.9.1987 gemacht worden. Soweit der Kläger darüber hinaus behauptet, in dem Zeitraum vor dem 17.9.1987 habe der Beklagte auch mündlich zugesagt, die Mängelrüge des Klägers einer Prüfung zu unterziehen, ist dieser Sachvortrag angesichts des entgegenstehenden Inhalts der vorliegenden Korrespondenz, aber auch im übrigen unsubstantiiert. Es ist nicht ausreichend dargetan, wann genau der Beklagte entsprechende mündliche Erklärungen abgegeben haben und wann er später auf diese zurückgekommen sein soll.

 

Der Beklagte hat in seinen Anwaltsschreiben vom 4.8.1987 ausdrücklich erklären lassen, seine Leistungen seien ordnungsgemäß. Von einer vorherigen Zusage einer Mängelüberprüfung oder ähnliches ist dort keine Rede. Der Beklagte hat in diesem Brief lediglich ohne ausdrückliche "Anerkennung einer Rechtspflicht und ohne jegliches Präjudiz" seine - auch im Prozess wiederholte - Bereitschaft bekundet, die offenen Kanten der Einlegeböden der Schränke mit einem Schmelzkleber und die Innenwände der Schränke mit Falima, einer Dispersionslösung, zu beschichten. Daraus folgt keine Bereitschaftserklärung im Sinne von § 639 Abs. 2 BGB.

 

bb) Nach dem zweitinstanzlichen Sachvortrag des Beklagten soll der Eckschrank im Mai 1987 montiert und sogleich bezahlt worden sein. Der Kläger will sich nach seinem Berufungsvortrag nicht genau festlegen können, ob der Eckschrank im Mai oder erst im Juni 1987 geliefert worden sei. Er meint aber, der Eckschrank sei "jedenfalls erst nach April 1987 aufgestellt worden".

 

In Bezug auf den Zeitpunkt der Fertigmontage des Eckschranks durch den Beklagten dürfte die Erinnerung der Parteien - auf der Seite des Klägers möglicherweise beeinflusst durch das angefochtene Urteil - nicht zutreffen und ihr entsprechender Sachvortrag auf einem Irrtum beruhen. Der Kläger hat auf Seite 16 seines Schriftsatzes vom 23.3.1988 ausdrücklich vortragen lassen, ein Teilbetrag von 2.562,90 DM der Vergütung des Beklagten für die Herstellung des Eckschranks von insgesamt 2.636,25 DM sei mit der bereits oben erwähnten Scheckzahlung vom 21.3.1987 über 6.000,- DM geleistet worden, den Restbetrag von 73,35 DM habe er - der Kläger - am 30.4.1987 an den Beklagten gezahlt.

 

Aus diesen Daten über die Bezahlung der Vergütung des Beklagten folgt, dass die Fertigstellung des Eckschranks entgegen dem Vorbringen der Parteien in der Berufungsinstanz vor dem 1.5.1987 stattgefunden haben muss. Denn andernfalls wäre nach der Lebenserfahrung nicht zu erklären, dass der Kläger den - relativ geringen - Restbetrag der Gesamtforderung des Beklagten von 73,35 DM bereits am 30.4.1987 zahlte.

 

In Anbetracht ‚dessen, dass der Kläger mit dem genannten Schriftsatz vom 23.3.1988 in Bezug auf seine Zahlungen an den Beklagten für den Eckschrank die Klage sogar erhöht hat, weil er in der Klageschrift versehentlich von einer niedrigeren Vergütung bzw. Zahlung ausgegangen ist, ist anzunehmen, dass die Daten in diesem Schriftsatz auf einer gründlichen Überprüfung beruhen und deshalb zutreffen.