Aktenzeichen 26 O 257/99 Landesgericht Berlin vom 20. Oktober 1999

 

Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,- DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis bis zu 6 Monaten zu unterlassen, in Bezug auf Möbelkaufverträge zur Selbstabholung den letzten Satz der nachfolgenden oder inhaltsgleichen Klausel in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu verwenden, ausgenommen gegenüber einer Person, die bei Abschluss des Vertrages in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit handelt (Unternehmer):

 

„Wichtiger Hinweis für Selbstabholer! Bei der Übernahme von Gegenständen, wie: Glasplatten, Glastüren, Glasböden, Glasvitrinen und ähnlichem ist die Kontrolle auf einwandfreie Beschaffenheit sofort vorzunehmen. Spätere Reklamationen können nicht berücksichtigt werden.“

 

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

 

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 3.000,- DM vorläufig vollstreckbar. Die Sicherheit kann durch eine unbefristete, unbedingte, unwiderrufliche und selbstschuldnerische Bürgschaft eines deutschen Kreditinstituts geleistet werden.

 

Tatbestand

 

Der Kläger ist ein Verbraucherschutzverband, der gemäß § 3 seiner Satzung bezweckt unter Ausschluss eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes die Interessen der Verbraucher durch Aufklärung und Beratung wahrzunehmen und zu fördern.

 

Die Beklagte betreibt in Berlin ein Möbelhaus.

Wichtiger Hinweis für Selbstabholer!

 

 

In der dortigen Möbelabholstation der Beklagten befindet sich ein Hinweisschild, auf dem es heißt:

 

„Wichtiger Hinweis für Selbstabholer! Bei der Übernahme von Gegenständen, wie: Glasplatten, Glastüren, Glasböden, Glasvitrinen und ähnlichem ist die Kontrolle auf einwandfreie Beschaffenheit sofort vorzunehmen. Spätere Reklamationen können nicht berücksichtigt werden.“

 

Der Kläger sieht in diesem Hinweis aufgrund der Kombination mit dem letzten Satz einen Verstoß gegen das Klauselverbot des § 11 Nr. 10 e AGBG. Er beanstandet jedoch nicht die in Satz 1 der Klausel beschriebene Untersuchungspflicht als solche.

 

Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,- DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis bis zu 6 Monaten zu unterlassen, in Bezug auf Möbelkaufverträge zur Selbstabholung den letzten Satz der nachfolgenden oder inhaltsgleichen Klausel in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu verwenden, ausgenommen gegenüber einer Person, die bei Abschluss des Vertrages in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit handelt (Unternehmer):

 

„Wichtiger Hinweis für Selbstabholer! Bei der Übernahme von Gegenständen, wie: Glasplatten, Glastüren, Glasböden, Glasvitrinen und ähnlichem ist die Kontrolle auf einwandfreie Beschaffenheit sofort vorzunehmen. Spätere Reklamationen können nicht berücksichtigt werden.“

 

Wegen offensichtlicher Mängel

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

 

Sie ist der Ansicht, dass es an der gemäß § 13 AGBG erforderlichen Verwendung der Allgemeinen Geschäftsbedingung durch sie fehle; da sich das Hinweisschild in der Möbelabholstation befinde und den Kunden erst nach Vertragsabschluss zur Kenntnis gelange, sei bereits eine wirksame Einbeziehung nach § 2 AGBG nicht gegeben.

 

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

 

Dem Kläger steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch bezüglich der Verwendung der angegriffenen Klausel gemäß § 13 AGBG zu. Ob die Allgemeine Geschäftsbedingung gemäß § 2 AGBG wirksam mit in den Vertrag einbezogen worden ist, kann hier dahingestellt bleiben. Diese Problematik ist lediglich im Individualprozess zu prüfen. Im Rahmen der hier erhobenen Verbandsklage ist lediglich maßgebend, ob bei kundenfeindlicher Auslegung das Verhalten der Beklagten gemäß §§ 133, 157 BGB so gewertet werden kann, dass sie sich im Streitfall auf den Aushang mit der beanstandeten Klausel berufen will. Das ist nach dem Inhalt der Klausel der Fall, da mit ihr bezweckt wird Reklamationsansprüche bei Vorliegen eines bestimmten Sachverhaltes zurückzuweisen, so dass eine Verwendung im Sinne von § 13 AGBG gegeben ist.

 

Die angefochtene Klausel verstößt gegen § 11 Nr. 10 e AGBG, da sie im Wortlaut nicht zum Ausdruck bringt, dass die Untersuchungs- und Mängelanzeigepflicht nur wegen offensichtlicher Mängel gelten soll. Das ergibt sich aus der zugrunde zu legenden kundenfeindlichsten Auslegung auch nicht aus dem Sachzusammenhang. Auch bei Gegenständen, die aus Glas hergestellt sind, können nicht offensichtliche Mängel vorliegen. Kleinere Kratzer, Unebenheiten, Einschlüsse im Glas oder Abplatzungen müssen nicht notwendigerweise sofort in Auge fallen, was jedoch für das Vorliegen eines offensichtlichen Mangels erforderlich wäre.

 

Der Ausschluss späterer Reklamationen

Bei solchen nicht offensichtlichen Mängeln ist jedoch auch eine einwandfreie Beschaffenheit nicht mehr gegeben. Vom Wortlaut und Sinn der Klausel her bezieht sich der Satz 2, wonach spätere Reklamationen nicht mehr berücksichtigt werden können, auch auf solche Mängel, so dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass ein Kunde, der nachträglich nicht offensichtliche Mängel feststellt, aufgrund der Allgemeinen Geschäftsbedingung seine Rechte entweder gar nicht mehr selber geltend macht oder dass ein Mitarbeiter der Beklagten Mängelrügen aufgrund der beanstandeten Klausel zurückweist.

 

Der Ausschluss späterer Reklamationen verstößt bei nicht offensichtlichen Mängeln gegen § 11Nr. 10 e AGBG. Wenn die Beklagte, wie sie vorträgt, lediglich die Reklamationen wegen offensichtlicher Mängel ausschließen will, mag sie dies auch so ausdrücklich in die Allgemeine Geschäftsbedingung aufnehmen.

 

Der Beklagten war auf Antrag des Klägers gemäß § 890 ZPO für den Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld beziehungsweise eine Ordnungshaft anzudrohen.

 

Dem Antrag der Beklagten gemäß § 712 ZPO war nicht stattzugeben, da sie die erforderliche Voraussetzung, dass ihr die Zwangsvollstreckung durch die Klägerin einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil bringen würde, nicht dargelegt hat.

 

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 709, 108 ZPO.

 

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