Leder - Oberflächenbeschädigungen

Eine Sitzgruppe bestehend aus einer Eckbank und zwei Sesseln

Klage: Lederbeschädigungen durch Dampfschwadenrückstände

 

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.051,45 EUR nebst 5 % Punkte über dem Basiszinssatz seit dem 04.03.2011 sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 359,50 EUR zu zahlen, Zug um Zug gegen Herausgabe der Eckbank. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. Begründung: Am 03.03.2011 bestellte die Klägerin bei der Beklagten eine Sitzgruppe bestehend aus einer Eckbank und zwei Sesseln zum Preis von 3.271,00 EUR und einem Esstisch zum Preis von 1.124,00 EUR. Auf die vorgenannten Kaufpreise gewährte die Beklagte ein Skonto in Höhe von 295,00 EUR, so dass sich der Preis für die Eckbank und die zwei Sessel auf 3.051,45 EUR und für den Esstisch auf 1.048,55 EUR, mithin insgesamt auf 4.100,00 EUR belief.

 

Den Rechnungsbetrag bezahlte die Klägerin am 03.03.2011. Die Lieferung der Sitzgruppe erfolgte am 03.05.2011. Bereits im August 2011 trat ein Mangel an der hier in Rede stehenden Sitzgruppe auf. Am 28.02.2012 erfolgte der Austausch der kompletten Sitzgruppe durch die Beklagte. Ende September, Anfang Oktober 2012 traten an der im Februar 2012 neu gelieferten Sitzgruppe erneut Mängel auf. An mehreren Stellen platzte das Leder ab.

 

Mit E-Mail vom 06.11.2012 legte die Klägerin der Beklagten die aufgetretenen Mängel dar und bat die Beklagte um schnellstmögliche Mängelbeseitigung. Ihrer E-Mail vom 06.11.2012 fügte die Klägerin Lichtbilder bei, aus denen die aufgetretenen Mängel ersichtlich sind. Am 05.12.2012 nahm die Beklagte durch ihren Kundendienst die Sitzgruppe und die an dieser aufgetretenen Mängel in Augenschein.

Handelt es sich um „gebrauchstypische Merkmale" ?

Nachdem sich die Beklagte in der Folgezeit nicht mehr bei der Klägerin gemeldet hat, bat die Klägerin mit Schreiben vom 01.02.2013 um Mitteilung der Stand der Reklamation. Mit Schreiben vom 04.02.2013 teilte die Beklagte daraufhin mit, dass die Überprüfung am 05.12.2012 ergeben habe, dass sie, die Beklagte, im Falle der Klägerin keine Gewährleistungsansprüche übernehmen könne.

 

Wie der Polsterer der Beklagten bei der Begutachtung der Eckbank am 05.12.2012 festgestellt habe, handele es sich bei dem an mehreren Stellen abgeplatzten Leder um „gebrauchstypische Merkmale" durch die regelmäßige Benutzung der erst im Februar 2012 gelieferten Sitzgruppe/Eckbank. Mit außergerichtlichem Schreiben vom 19.02.2013 widersprach der Klägerin dieser Darstellung und wies daraufhin, dass es sich bei der hier in Rede stehenden Sitzgruppe/Eckbank um eine hochwertige Ledersitzgruppe aus hochwertigem Longlife - Leder handele und es sich bei den aufgetretenen Mängel nicht um gebrauchstypische Merkmale durch die regelmäßige Benutzung der zu diesem Zeitpunkt lediglich 7 Monate alten Sitzgruppe handele, sondern um einen Mangel.

 

Die Klägerin forderte die Beklagte daher nochmals und unter Fristsetzung zum 16.03.2013 auf, die aufgetretenen Mängel an der hier in Rede stehenden Sitzgruppe zu beseitigen. Mit Schreiben vom 25.02.2013 bat die Beklagte um eine erneute Besichtigung der Sitzgruppe. Die Besichtigung der Sitzgruppe erfolgte am 03.04.2013. Mit Schreiben vom 25.03.2013 teilte die Beklagte mit, dass die „Oberflächenveränderungen nicht auf einen Materialfehler zurückzuführen sind, sondern auf den „äußerlichen Kontakt anderer Substanzen (z.B. vermehrter Hautschweiß)“.

Die Oberflächenveränderungen

Kochen ohne Dunstabzugshaube
Gebrauchstypische Abnutzungserscheinungen

An den beanstandeten Stellen seien Oxidationsschäden eingetreten, die dem Leder die Wirkung der Gerbstoffe entzogen habe. Weiterhin könne das Kochen ohne Dunstabzugshaube die Oxidation durch fettige Rückstände auf dem Leder begünstigen.

 

Die Beklagte berief sich nicht mehr darauf, dass es sich um Abnutzungen, mithin um gebrauchstypische Merkmale durch die regelmäßige Benutzung handele. Nunmehr soll es sich um Oxidationsschäden handeln.

 

Diese Darlegung ist unzutreffend. Bei den beanstandeten Stellen, an denen das Leder abgeplatzt ist, handelt es sich weder um gebrauchstypische Abnutzungserscheinungen, noch um Oberflächenveränderungen, die auf äußerlichen Kontakt anderer Substanzen zurückzuführen sind, noch um Oxidationsschäden. Vielmehr handelt es sich um einen Materialfehler. Unabhängig davon, verfügt die Klägerin über eine ca. 20 qm große Küche.

 

Das Kochen ohne Dunstabzugshaube bei geöffneter Balkontür hat keinen Einfluss auf die an der hier in Rede stehenden Sitzgruppe aufgetretenen Schäden. Auch die neben dem Herd befindlichen Lack-Hängeschränke, die Wand oder Decke weisen aufgrund des Kochens ohne Dunstabzugshaube keine Verunreinigungen oder Fettablagerungen auf. Darüber hinaus wies auch die erste am 03.05.2011 gelieferte Sitzgruppe, die am 28.02.2012 durch die hier in Rede stehende ausgetauscht wurde, diese Mängel nicht auf.

Handelt es sich um einen Materialfehler?

Die am 03.05.2011 gelieferte Sitzgruppe wurde aufgrund eines anderen Mangels ausgetauscht. Die erste Sitzgruppe, die am 03.05.2011 geliefert wurde, stand in derselben Küche 10 Monate lang, ohne dass es durch Schweiß, das Kochen ohne Dunstabzugshaube oder sonstige „äußerlichen Kontakte anderer Substanzen“ zu den Mängel gekommen wäre, zu denen es bei der im Februar 2012 gelieferten Sitzgruppe kam. Auch hieraus wird ersichtlich, dass es sich weder um gebrauchstypische Merkmale, noch um äußere Einwirkungen, sondern um einen Materialfehler handelt.

 

Aufgrund des Schreibens der Beklagten vom 25.03.2013 mit welchem die Beklagte eine Mängelbeseitigung erneut verweigerte, erklärte die Klägerin mit Schreiben vom 27.03.2013 den Rücktritt vom Kaufvertrag und forderte die Beklagte zur Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Herausgabe der Sitzgruppe bis spätestens zum 13.04.2013 auf.

 

Da die Beklagte den Kaufpreis bis heute nicht erstattet hat, ist nunmehr Klage geboten und die Beklagte antragsgemäß zu verurteilen. Der geltend gemachte Zinssatz ergibt sich dem Gesichtspunkt des Verzuges. Die Klägerin hat die Sitzgruppe, wie bereits dargelegt, am 03.03.2011 in bar bezahlt, so dass die Forderung ab dem 04.03.2011 zu verzinsen ist. Die geltend gemachten vorgerichtlichen Anwaltskosten ergeben sich aus Nr. 2300 VV RVG.

 

Aus den dargelegten Gründen beantragen wir antragsgemäß zu entscheiden. Hinsichtlich des einzuzahlenden Gerichtskostenvorschusses fügen wir in der Anlage einen entsprechenden Verrechnungsscheck bei.

Die streitgegenständliche Sitzgruppe

Klageabweisung:

 

Die Hauptforderung ist unbegründet, da die Klägerin gegen die Beklagte keinen Anspruch aus den §§ 437 Nr. 2; 440; 323; 326 Abs. 5. 346 ff. BGB hat.

 

Voraussetzung für den angeblichen Anspruch aus den §§ 437 Nr. 2; 440; 323; 326 Abs. 5; 346 ff. BGB wäre, dass die streitgegenständliche Sitzgruppe bereits bei der Übergabe am 28.02.2012 einen Sachmangel gem. § 434 Abs. 1 BGB gehabt hätte. Dies war nicht der Fall und wird daher von der Beklagten bestritten. Die streitgegenständliche Sitzgruppe entsprach bei der Übergabe am 28.02.2012 den maßgeblichen Beschaffenheitskriterien von Polstermöbeln, der Deutschen Möbelgütesicherung RAL-GZ-430 und der DIN 68871.

 

Die streitgegenständliche Sitzgruppe war bei der Übergabe am 28.02.2012 in jeder Art und Weise mangelfrei. Das von der Klägerin dargelegte Phänomen des Abplatzens von Oberflächenleder an einigen Stellen ist kein Materialfehler oder ähnlicher Sachmangel und war daher demgemäß natürlich auch nicht bei der Übergabe am 28.02.2012 vorhanden. Es handelt sich vielmehr um die Folgen des Gebrauchs (extrem häufige Kontakte), um die Folgen der klimatisch extrem ungünstigen Aufstellung (Küche ohne Dunstabzugshaube), um mangelnde Pflege (klebrig und dreckig) und um die Folgen möglicherweise ungünstiger physischer Voraussetzungen der Benutzer (starke Schweißeinwirkungen) der streitgegenständlichen Sitzgruppe.

 

Die Kombination hieraus bedeutet, dass die streitgegenständliche Sitzgruppe ständig fettig, feucht, klebrig und schwammig ist und in diesem Zustand extrem benutzt wird. Die daraus resultierenden glänzenden Stellen und die kleinen Oberflächenabplatzungen sind also Gebrauchsspuren in Verbindung mit der extrem ungünstigen Atmosphäre, in der sich die streitgegenständliche Sitzgruppe befindet. Zudem dürfte es so sein, dass die Klägerin oder ein Angehöriger der Klägerin aus physischen Gründen extrem schwitzt, insbesondere an den Handinnenflächen, was zusätzlich zu Feuchtigkeit und Schwammigkeit in den Bereichen führt, die als Handauflage dienen.

Sachmangel nach dem Gefahrübergang?

Um einen Materialfehler o.ä., also um einen bereits bei der Übergabe am 28.02.2012 vorhandenen Sachmangel, handelt es sich dabei nicht. Dies ist so und dies wurde festgestellt von der Qualitätsprüfung der Herstellerin der streitgegenständlichen Sitzgruppe. Diese fertigte einen entsprechenden Detailbericht für die Beklagte mit zahlreichen Fotos. Die Ergebnisse dieses Detailberichts, der auf einem Ortstermin beim Kläger vom 19.03.2013 beruhen, teilte die Beklagte den Rechtsvertretern der Klägerin mit ihrem Schreiben vom 25.03.2013 auch mit.

 

Dieses Schreiben haben die Rechtsvertreter der Klägerin ihrer Klageschrift nicht beigefügt. Dies ist einerseits schlechter Stil und zeigt andererseits, dass zumindest die Rechtsvertreter der Klägerin selbst wissen, dass kein Sachmangel vorliegt. Warum sonst unterschlagen sie dem Gericht dieses Schreiben, legen aber andere Schreiben vor. Entweder man legt den gesamten Schriftverkehr vor oder man lässt es ganz. Hinsichtlich des möglicherweise einzuholenden Sachverständigengutachtens bitte ich darum, gem. § 358a Nr. 4 ZPO vorzugehen, also schon vor einer mündlichen Verhandlung einen Beweisbeschluss dergestalt zu erlassen, dass eine sachverständige Begutachtung zu erfolgen habe, da die Beklagte nicht vergleichsbereit ist, weshalb eine Güteverhandlung gem. § 278 Abs. 2 S. 1 ZPO erkennbar aussichtslos erscheint.

 

Hinsichtlich dieses möglicherweise einzuholenden Sachverständigengutachtens weise ich darauf hin, dass die streitgegenständliche Sitzgruppe der Klägerin am 28.02.2012 übergeben wurde und dass die erste Monierung des Phänomens am 06.11.2012 erfolgte. Dies bedeutet, dass sich der angebliche Sachmangel gut acht Monate nach dem Gefahrübergang erstmals zeigte. Dies wiederum bedeutet, dass die Vermutung des § 476 BGB, dass die streitgegenständliche Sitzgruppe bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war, nicht gilt.

 

Dies wiederum bedeutet dann einerseits, dass der Vorschuss für ein möglicherweise einzuholendes Sachverständigengutachten von der Klägerin zu erbringen wäre und andererseits, dass für den Fall, dass das dann eingeholte Sachverständigengutachten zu keinem klaren Ergebnis führt, die Klägerin aufgrund Beweisfälligkeit unterliegen würde.

 

Die Nebenforderungen sind aufgrund der Ausführungen unter 1.1. unbegründet, da aufgrund § 286 Abs. 4 BGB kein Verzug der Beklagten eintrat. Hinsichtlich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten bestreitet die Beklagte deren tatsächliche Zahlung an die Rechtsvertreter der Klägerin mit Nichtwissen gem. § 138 Abs. 4 ZPO. Zudem dürfte die gesetzlich vorgeschriebene Anrechnung gem. § 15a RVG unterblieben sein, weshalb die klageweise geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten gesetzeswidrig berechnet und damit übersetzt sein dürften.

Folgende Beweisfragen werden als relevant erachtet:

  • Entspricht die Sitzgruppe, insbesondere das Leder der Sitzgruppe, den maßgeblichen Beschaffenheitskriterien von Polstermöbeln, der Deutschen Möbelgütesicherung RAL-GZ- 430 und der DIN 68871?

 

  • Erfüllt das Leder der Sitzgruppe die Mindestanforderungen hinsichtlich der Haftung und Reibfestigkeit?

 

  • Resultiert das Abplatzen von Oberflächenleder aus äußeren Einwirkungen in ‚Form von Gebrauch (extrem häufige Kontakte), in Form von klimatisch extrem ungünstiger Aufstellung (Küche ohne Dunstabzugshaube), in Form von mangelnder Pflege (klebrig und dreckig) und in Form von ungünstigen physischen Voraussetzungen der Benutzer (starke Schweißeinwirkungen) oder einer Kombination hieraus oder handelt es sich um einen Materialfehler?

  

  • Weist das Leder der Sitzgruppe klebrige Rückstände auf? Wenn ja, was ist die Ursache hierfür, ein Materialfehler oder der Gebrauch?

 

  • Wenn aus sachverständiger Sicht ein Materialfehler vorliegen sollte, wäre dies aus sachverständiger Sicht ein wesentlicher oder ein unwesentlicher Mangel?

 

  • Wenn aus sachverständiger Sicht ein unwesentlicher Mangel gegeben sein sollte, welcher Minderungsbetrag wäre aus sachverständiger Sicht angemessen?

 

  • Wenn aus sachverständiger Sicht ein Materialfehler vorliegen sollte, wäre dieser Materialfehler durch Nachbesserungsmaßnahmen zu beseitigen?

 

  • Wenn aus sachverständiger Sicht dieser Materialfehler, durch Nachbesserungsmaßnahmen zu beseitigen sein sollte, welche Nachbesserungsmaßnahmen wären dies und was würden sie kosten?